18.12.2018 | Redaktion

Inklusion am Übergang in die Ausbildung

Sammelband mit Hintergründen, Herausforderungen und Beispielen aus der Praxis

Der Übergang in Ausbildung und Beruf gelingt nicht allen Jugendlichen gleichermaßen gut. Selektions- und Ausgrenzungsprozesse aus der Schulzeit setzen sich am Ausbildungsmarkt fort. Die Beiträge in der aktuellen Ausgabe der BIBB-Schriftenreihe "Berichte zur beruflichen Bildung" zeigen, wie die Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt verbessert werden kann.

Klick zum VergrößernTitelseite des Sammelbandes

Inklusion in der Schule wird kontrovers und mit großer öffentlicher Aufmerksamkeit diskutiert. Inklusion in der Ausbildung wird dagegen oft einfach praktiziert. Die duale berufliche Bildung bietet durch das individuelle Ausbildungsverhältnis gute Möglichkeiten, sie inklusiv zu gestalten, da es um Einzelfalllösungen geht.

Es ist das Anliegen der Herausgeber, durch Anregungen zu Strukturverbesserungen und Modernisierungen im Ausbildungssystem zu mehr Teilhabe in den Regelangeboten beizutragen. Zu ihnen gehören Ingrid Arndt von der Universität Bremen und Frank Neises vom Bundesinstitut für Berufsbildung. Sie erläutern im Gespräch die Kriterien für die Auswahl der Beiträge im Sammelband.

Zum Thema Inklusion gibt es schon viel Literatur. Was ist neu an diesem Sammelband?

Ingrid Arndt: Generell lässt sich sagen, dass Inklusion in den Bereichen Berufsvorbereitung und  Berufsausbildung nicht so im Fokus der Öffentlichkeit steht, wenn man das mit der schulischen Inklusion vergleicht. Die Entwicklung geht seit vielen Jahren nur schleppend voran. Die unterschiedlichen Faktoren, die dazu beitragen, werden in diesem Sammelband näher betrachtet.

Frank Neises: Wir sehen an der Datenlage, dass die Entspannung am Ausbildungsmarkt bei bestimmten Personengruppen nicht anzukommen scheint. Aus der Praxis kennen wir aber viele Beispiele dafür, dass mit der nötigen Unterstützung Ausbildung gelingt, wo dies zunächst nicht zu erwarten war. Es gibt am Ausbildungsmarkt also einerseits Exklusion auf der strukturellen Ebene und Inklusion auf der praktischen, individuellen Ebene.

Ingrid Arndt: Wir haben darum nicht nur einzelne Bildungsabschnitte und Personengruppen betrachtet, sondern für das Buch Beiträge ausgewählt, die geeignet sind, übergreifende inklusionsrelevante Aspekte zu veranschaulichen.

"Es besteht die Notwendigkeit, neue Strukturen und neue Bildungsangebote zu schaffen, die auf heterogene Lernendengruppen ausgerichtet sind und die das Ziel der Teilhabe auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verfolgen."
Klaus Weber, Herausgeber

 

Was ist das Besondere an Inklusion in der beruflichen Bildung?

Frank Neises: Beim Übergang in Ausbildung sollte das, was möglich ist, die Entscheidungen leiten und nicht, was alles nicht geht. Ein Betrieb und ein junger Mensch müssen sich einig sein, dass sie eine Ausbildung miteinander gestalten wollen. Und die Berufsschule muss ihrerseits den Rahmen sicherstellen. Zudem können Unterstützungsleistungen einbezogen werden.

Ingrid Arndt: Es funktioniert dann gut, wenn inklusiv ausgerichtete Angebote an die reguläre Ausbildung angebunden sind. Oder wenn sie in in enger Kooperation mit Betrieben umgesetzt werden. Jeder einzelne junge Mensch wird aktiv in die Entscheidungsprozesse einbezogen. Schließlich betreffen diese den eigenen Bildungsweg und die eigene Zukunft.

Frank Neises: Es lohnt auch ein Blick in andere Länder. In Finnland werden nicht - wie in Deutschland - viele Maßnahmen in Sondereinrichtungen umgesetzt. Stattdessen gibt es eine Qualifizierung am Arbeitsplatz. Für einen bestimmten jungen Menschen werden mit einem bestimmten Betrieb Absprachen getroffen: so ermöglicht Individualisierung Ausbildung für alle. In den Niederlanden werden Unternehmen beraten, damit sie sich inklusiver ausrichten und Arbeitsplätze und Rahmenbedingungen entsprechend umgestalten.

Ingrid Arndt: Gut ausgebaute Beratungs- und Begleitungsstrukturen sind wichtig und die Ausrichtung der Angebote auf heterogene Lernendengruppen. Die jungen Menschen werden bei der Entwicklung von Fach-, Sozial- und Selbstkompetenzen unterstützt. Das Ziel ist eine umfassende Bildung, die berufliche Teilhabe und soziale Inklusion ermöglicht.

Frank Neises: Vieles von dem, was aktuell noch nicht möglich erscheint, kann, wenn man neu denkt, auf den Weg gebracht werden. Noch in den 60er Jahren war es für viele Menschen in Deutschland nicht vorstellbar, dass Frauen einer Erwerbsarbeit nachgehen oder in technischen Berufen und im Management in Großunternehmen Karriere machen.

Welche Erkenntnisse hat die Arbeit am Sammelband außerdem gebracht?

Frank Neises: Wir wollten inklusive Elemente für die Praxis sichtbar machen und den strukturellen Diskurs für die berufliche Bildung stärker befördern.

Ingrid Arndt: Fachliches und inklusionspädagogisches Wissen und die Erfahrungen aus der Praxis sind vorhanden. Was verstärkt werden muss, ist die Zusammenführung der einzelnen Elemente, damit inklusive Bildungsangebote im Übergang Schule -  Beruf zum Regelfall werden.

Praxisteil und Fragenkatalog

Bild: Firma V | Fotolia

Die Beispiele im Praxisteil des Sammelbands zeigen, dass Teilhabe an Regelangeboten möglich ist. Sie gewähren einen Einblick in unterschiedliche Konzepte und Ideen. Es wird deutlich, dass eine differenzierte, individuelle Förderung die Basis für Inklusion in der beruflichen Bildung ist.

Den Abschluss bildet ein Katalog mit Fragen zu Schlüsselthemen der Inklusion. Er ist als Anregung für die weitere Diskussion gedacht.

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BIBB-Vertrieb

  • Bestellung Printexemplare
    Ingrid Arndt, Frank Neises, Klaus Weber (Hrsg.): Inklusion im Übergang von der Schule in Ausbildung und Beruf - Hintergründe, Herausforderungen und Beispiele aus der Praxis. BIBB-Schriftenreihe "Berichte zur beruflichen Bildung".