22.05.2024 | Redaktion | SVR

Zwischen Öffnung und Restriktion

Jahresgutachten 2024 des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR)

Die deutsche Migrations- und Integrationspolitik der letzten fünf Jahre war in manchen Bereichen durch eine substanzielle Öffnung geprägt, in anderen aber durch Versuche, mit Restriktionen zu einer stärkeren Steuerung zu kommen. Das zeigt eine Analyse des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) im Rahmen seines Jahresgutachtens 2024. Bei der Integration von Kindern und Jugendlichen mit Zuwanderungserfahrung und vor allem mit Fluchthintergrund sehen die Autorinnen und Autoren eine besondere Benachteiligung. Hier empfiehlt der SVR dem Bund, schnell zu handeln.

Bild: Gerd Altmann/pixabay

Der steigende Bedarf an ausländischen Arbeitskräften führte einerseits zu einer weiteren Öffnung des Einwanderungslandes Deutschland. Für abgelehnte Asylbewerberinnen und -bewerber wurden Möglichkeiten des sogenannten "Spurwechsels" ausgebaut. Nach der verstärkten Fluchtzuwanderung seit 2022 wurden dagegen in Deutschland und der Europäischen Union (EU) deutlich restriktivere Maßnahmen ergriffen. Der SVR analysiert in seinem Jahresgutachten die Entwicklungen und zeigt auf, wo er weiteren Handlungsbedarf sieht.

Bei Kindern und Jugendlichen mit eigener Zuwanderungserfahrung und vor allem mit Fluchthintergrund beschreibt das Jahresgutachten besondere Herausforderungen von der frühen Bildung an: Aufgrund knapper Aufnahmekapazitäten warten viele Neuzugewanderte teils monatelang auf einen Kita- oder Schulplatz, sie schaffen es seltener auf ein Gymnasium und können später häufiger überhaupt keinen Schulabschluss vorweisen. Der Sachverständigenrat legt den politisch Verantwortlichen in den Ländern wie im Bund nahe, hier schnell zu handeln: "Es wäre fatal, wenn neu zugewanderte Kinder und Jugendliche zu einer 'verlorenen Generation' würden." Die Ausbildung der jungen Generation, auch der Neuzugewanderten, sei eine der nachhaltigsten Investitionen in die Zukunft.

Hürden bei der Integration

Bei der Integration geflüchteter Menschen in Ausbildung und Erwerbsarbeit bleiben trotz einiger erfolgreicher Initiativen wie ausbildungsvorbereitende Maßnahmen spezielle für Geflüchtete aus Sicht der Autorinnen und Autoren entscheidende Hürden bestehen. So sieht der SVR die längere Unterbringung in Sammelunterkünften ebenso wie die Wohnsitzauflage kritisch: "Diese Maßnahmen erschweren Neuzugewanderten mit Fluchthintergrund den Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Bildungsangeboten." Außerdem müssten strukturelle Probleme behoben werden: "Wenn aufgrund fehlender Betreuungsplätze Kinder nicht versorgt werden können, der Weg zum Arbeitsplatz zu weit ist und Jobangebote nicht wahrgenommen werden können, weil Qualifikationsnachweise noch nicht vorliegen, haben Flüchtlinge im erwerbsfähigen Alter (vor allem junge Frauen) wenig Chancen, zu arbeiten oder sich weiter zu qualifizieren."

Insgesamt bescheinigt der SVR der Politik, sie habe im Bereich Migration und Integration zwar außerordentlich viele Veränderungen auf den Weg gebracht. Dieses Politikfeld gehöre zu den dynamischsten überhaupt. Zugleich sei die Umsetzung von Gesetzen durch die Verwaltungen in Bund und Ländern aber oft zu langsam und zu bürokratisch: "Die Regelungen erweisen sich häufig als zu kompliziert."

Weitere Informationen

  • SVR: Jahresgutachten 2024 (PDF)
    Das Jahresgutachten liefert eine wissenschaftlich fundierte Analyse, wie sich die Integration im Sinne chancengleicher Teilhabe entwickelt und wo weiterhin Handlungsbedarf besteht.