07.11.2022

Türen öffnen zum Übergang in Ausbildung

Das brandenburgische Landesprogramm "Türöffner: Zukunft Beruf"

von Judith Lechtenberg und Michael Gräf

Viele Jugendliche haben Probleme beim Übergang von der Schule in die Ausbildung. Vertragslösungen und Ausbildungsabbrüche können schlimmstenfalls die Folge sein. Das ist bundesweit eine große Herausforderung. Im Land Brandenburg wurde deshalb im Oktober 2016 das Programm "Türöffner: Zukunft Beruf" implementiert, das junge Menschen während und vor einer Ausbildung unterstützt. Neben kompetenzstärkenden Projekten für die Schülerinnen und Schüler lotsen die 13 'Lokalen Koordinierungsstellen' an den Oberstufenzentren (OSZ), wo immer es schwierig wird, zu passenden Unterstützungsangeboten. Mit dem Programm wurden bisher knapp 25.000 Schülerinnen und Schüler erreicht.

Logo des Programms

Im Land Brandenburg setzen viele Jugendliche nach dem ersten Schulabschluss ihren Bildungsweg an Oberstufenzentren (OSZ) fort. Diese in Berlin und Brandenburg verankerte berufsbildende Schulform vereint Berufsschule, Berufsfachschule, Fachoberschule, Berufliches Gymnasium und Fachschule unter einem Dach. Doch nicht jeder/jedem Jugendlichen gelingt ein reibungsloser Übergang von der Schule in die Ausbildung: Einige haben aus unterschiedlichen Gründen Probleme bei der Suche und Aufnahme einer Ausbildung, andere haben eine Ausbildung begonnen, stoßen aber auf Herausforderungen im Betrieb oder stellen fest, dass der angestrebte Beruf nicht der richtige ist. Das erzeugt Frustrationen auf Seiten der Betriebe wie auch auf Seiten der Auszubildenden und führt im schlimmsten Fall dazu, dass Ausbildungsverträge gelöst oder Ausbildungen frühzeitig abgebrochen werden.

Um diesen Herausforderungen am Übergang Schule – Beruf präventiv zu begegnen, wurde vom brandenburgischen Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (MBJS) das Landesprogramm "Türöffner: Zukunft Beruf" ins Leben gerufen. Im Rahmen des Programms wurden an den OSZ sogenannte Lokale Koordinierungsstellen eingerichtet, um Jugendliche beim Übergang von der Schule in die Ausbildung zu unterstützen. Die Arbeit der Lokalen Koordinierungsstellen dient zwei vorrangigen Zielen: Jugendliche in ihren Kompetenzen stärken und für ihre Ausbildung fit machen und mehr Transparenz zu regionalen Unterstützungsangeboten am Übergang Schule-Beruf herstellen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der 13 Koordinierungsstellen unterstützen die Vernetzung der Lokalen Koordinierungsstellen und stellen einheitliche Qualitätsstandards sicher. Sie werden in ihrer Arbeit vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) fachlich begleitet.

Transparenz herstellen, Hemmnisse abbauen

Der Übergang von der Schule in die Ausbildung wird von vielfältigen Einflussfaktoren bestimmt. Um junge Menschen bei Problemen und Hemmnissen zu unterstützen, gibt es am Übergang Schule – Beruf eine Vielzahl an Unterstützungsangeboten. Mit dem Programm "Türöffner" sollten keineswegs neue Angebote oder neue Strukturen geschaffen werden – im Gegenteil: Der Kern des Programms liegt darin, bestehende Ressourcen effektiver zu nutzen und für die Jugendlichen, die Hilfe und Unterstützung benötigen, zugänglich zu machen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der LOK schaffen eine größtmögliche Transparenz über die Angebote am Übergang Schule – Beruf, das heißt: Die Jugendlichen sollen zielgerichtet zu den bereits existierenden Informations- und Beratungsangeboten gelotst werden.

Der Übergang von der Schule in die Ausbildung kann nur gelingen, wenn die verschiedenen Akteure eng zusammenarbeiten. Ein entscheidender Aspekt der alltäglichen Arbeit der Lokalen Koordinierungsstellen ist deshalb die Netzwerkarbeit. Die Lotsinnen und Lotsen versuchen für die Jugendlichen einen roten Faden durch die Unterstützungsangebote vor Ort herzustellen. Gemeinsam mit den Jugendlichen suchen sie das Unterstützungsangebot heraus, das für ihre konkrete Problemlage am besten geeignet ist und helfen bei der Kontaktaufnahme. Den Jugendlichen fehlt oft der Überblick oder sie kennen die Angebote sowie deren Inhalte nicht. Die Lokalen Koordinierungsstellen "übersetzen" den Nutzen und warum es wichtig ist, ein Unterstützungsangebot aufzusuchen. Unter den verschiedenen Akteuren am Übergang Schule-Beruf findet ein regelmäßiger Austausch hinsichtlich der Belange und Bedarfe der Jugendlichen statt, um in enger Zusammenarbeit die bestmögliche Unterstützung zu gewährleisten. In Cottbus beispielsweise ist ein Mitarbeiter der Lokalen Koordinierungsstelle Teil der Steuerungsgruppe der Jugendberufsagentur. Es geht insbesondere darum, vorhandene Netzwerke zu verbinden, einzubeziehen und besser zu nutzen, so dass keine Lücken bei der Unterstützung am Übergang entstehen. Durch die enge Zusammenarbeit und die Verortung an den OSZ können die Lokalen Koordinierungsstellen schnell und direkt passende Kontakte an Jugendliche mit Problemlagen vermitteln.

"Der Übergang von der Schule in den Beruf kann nur gelingen, wenn alle Akteure eng zusammenarbeiten." – Andrea Frank, MBJS

 
Klick zum VergrößernAktivitäten der LOK an den OSZ – Bild: f-bb

Das Programm übernimmt eine Art Scharnierfunktion zwischen den Jugendlichen und den regionalen Strukturen. Andrea Frank (MBJS) beschreibt ein ganz konkretes Beispiel dafür: Ein Jugendlicher kommt zu seiner Lokalen Koordinierungsstelle und fragt, was er tun kann – ihm wurde gekündigt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Lokalen Koordinierungsstelle stellen zunächst den direkten Kontakt mit der zuständigen Kammer her und begleiten dann den Weg bis hin zu einer Lösung. "Der Weg, sich selbst an die Kammer zu wenden, ist für die Jugendlichen meist viel schwieriger", erklärt Andrea Frank, "eine Vertrauensperson an der Berufsschule kann dabei helfen, dass kein Jugendlicher verloren geht." Dies sei während der Corona-Pandemie bereits mehrfach geglückt.

Da die Lokalen Koordinierungsstellen ihre Büros direkt an den Schulen haben, sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Alltag der Schülerinnen und Schüler präsent. Sie sind für die Jugendlichen eine direkte Anlaufstelle vor Ort, wenn Probleme auftreten – diese reichen von Konflikten in den Betrieben (zum Beispiel Kündigung in der Probezeit), schulischen Sorgen (zum Beispiel Bedarf an Nachhilfe) bis hin zu privaten Angelegenheiten (zum Beispiel finanzielle Sorgen). Der direkte Zugang zu Unterstützungsangeboten ist damit sehr niedrigschwellig. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Lokalen Koordinierungsstellen leisten individuelle Unterstützung bei Problemen und initiieren Projekte zur Stärkung sozialer und persönlicher Kompetenzen. Die Problemlagen der jungen Menschen stehen im Mittelpunkt. Ihnen wird dort geholfen, wo sie Hilfe benötigen.

Oberstufenzentrum in Cottbus – Bild: OSZ Cottbus

Nicht nur im Konfliktfall werden die Jugendlichen an die Hand genommen. Sie erhalten auch Orientierung und Aufklärung über Beratungsangebote, unterstützende Angebote oder etwa die Möglichkeiten einer Berufsberatung bei der Agentur für Arbeit oder einer Jugendberufsagentur – und die Lotsinnen und Lotsen der Lokalen Koordinierungsstellen weisen ihnen auch den Weg dorthin. Je nach den lokalen Gegebenheiten und persönlichen Situationen der Jugendlichen stehen sie aber auch mit Drogen- und Schuldnerberatungsstellen oder auch mit den Jugendmigrationsdiensten in Kontakt, um spezifische Hilfen aktivieren zu können, wenn es nötig sein sollte.

"Die regionale Flexibilität in der Umsetzung zeichnet die Arbeit der Lokalen Koordinierungsstellen aus." - Lisa Vazansky, f-bb

 

Da in dünn besiedelten ländlichen Regionen ganz andere Voraussetzungen vorliegen als in dicht besiedelten Städten oder der Metropolregion rund um Berlin, gestaltet sich die Arbeit der Lokalen Koordinierungsstellen je nach Region recht unterschiedlich. Das Programm lässt den Akteuren einen großen Spielraum, um möglichst passgenau agieren zu können.

Kompetenzen aufbauen und stärken

Die Lokalen Koordinierungsstellen organisieren Projekte zum Aufbau und zur Stärkung der personalen und sozialen Kompetenzen der Jugendlichen. Diese sollen ihre Selbständigkeit und Handlungsfähigkeit am Übergang Schule – Beruf und in der Ausbildung erhöhen und so dazu beitragen, dass Konflikte und Krisen erst gar nicht entstehen. In der Richtlinie des Türöffner-Programms finden sich mehrere Dimensionen von Kompetenzen, um die es hier geht:

persönliche Kompetenzen

zum Beispiel Motivation, Leistungsbereitschaft, Selbstbild/Fremdbild, Selbsteinschätzung, Selbstsicherheit, Werthaltung, Suchtprävention

soziale Kompetenzen

zum Beispiel Kommunikations-, Empathie-, Team- und Konfliktfähigkeit

methodische Kompetenzen

zum Beispiel Problemlösung, Arbeitsorganisation, Lerntechniken, Einordnung und Bewertung von Wissen

interkulturelle Kompetenzen

zum Beispiel Verständnis/Toleranz im Umgang mit anderen Kulturen, Nichtdiskriminierung im Hinblick auf Geschlecht, ethnische Herkunft, Religion, Behinderung, Alter, sexuelle Ausrichtung

Welche Kompetenzdimensionen in den Blick genommen werden und welche Projekte in den Oberstufenzentren umgesetzt werden, entscheiden die Lokalen Koordinierungsstellen mithilfe von Bedarfsanalysen vor Ort – durch Befragungen der Schülerinnen und Schüler und im Kontakt mit dem Lehrpersonal. Im Mittelpunkt stehen dabei immer die konkreten Problemlagen der Jugendlichen. Unerlässlich ist dazu ein guter Kontakt zum Lehrpersonal, um die innerschulischen Belange zu berücksichtigen und organisatorische Absprachen treffen zu können, im besten Fall aber gemeinsam im Dienst für die Schülerinnen und Schüler an einem Strang zu ziehen.

Haben die Mitarbeitenden der Lokalen Koordinierungsstellen ein Projektthema festgelegt und das Projekt organisatorisch vorbereitet, folgt die Ausschreibung – jedes Projekt unterliegt einem obligatorischen Vergabeprozess. Die Programmrichtlinien legen fest, dass jede Lokale Koordinierungsstelle an einem OSZ mindestens drei Projekte pro Schuljahr durchführen muss. Je Lokaler Koordinierungsstelle und Schuljahr müssen durchschnittlich mindestens 90 Schülerinnen und Schüler teilgenommen haben.

"Eine Vertrauensperson an der Berufsschule kann dabei helfen, dass kein Jugendlicher verloren geht." - Andrea Frank (MBJS)

 

Die LOK im Kreis Havelland und in Cottbus

Die vielfältige Arbeit in den OSZ, die Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Gegebenheiten, aber vor allem die durch die konkreten Voraussetzungen vor Ort verschiedenen Bedarfe und Arbeitsbedingungen werden deutlich, wenn man exemplarisch die Lokalen Koordinierungsstellen im Landkreis Havelland und in der Stadt Cottbus betrachtet. Das Havelland grenzt westlich an Sachsen-Anhalt und östlich an den Berliner Bezirk Spandau.

Flexible Anpassung an den Bedarf vor Ort

Klick zum VergrößernDie Programmstruktur im 3-Säulen-Modell  – Bild: f-bb

Durch den starken Zustrom von Schutzsuchenden im Jahr 2015 stieg die Zahl geflüchteter Menschen auch in Cottbus massiv an und erhöhte die Nachfrage nach dem zweijährigen Bildungsgang in der Berufsfachschule Grundbildung Plus (BFS-G Plus) erheblich. Dieser steht jungen Menschen offen, wenn sie über keine ausreichenden Deutschkenntnisse verfügen, das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet und keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Der Bedarf nach unterstützenden Projekten ist hier groß. Hier konnte die Lokale Koordinierungsstelle zum Beispiel über das Angebot von berufsorientierenden Projekten und Organisation von Sprachkursen auf die besondere Situation der jungen Geflüchteten eingehen und das OSZ entlasten. Robert Fischer von der Lokalen Koordinierungsstelle Cottbus weist darauf hin: "Das ist in anderen Landkreisen eine ganz andere Situation, die arbeiten mehr mit Auszubildenden und erheblich weniger mit BFS-G-Klassen." Dieses Beispiel zeigt, dass das Programm sehr flexibel eingesetzt und an unterschiedliche Bedarfe angepasst werden kann und muss.

Die Konzentration von Jugendlichen mit besonders schwierigen Problemlagen, das wird im Gespräch mit dem Robert Fischer deutlich, bringt die Arbeit bisweilen an ihre Grenzen. Die Lokalen Koordinierungsstellen versuchen, gemeinsam mit dem OSZ, der Schulsozialarbeit und im Netzwerk Lösungen zu finden, wie man den Problemen mit den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten begegnen kann. Sie koordinieren und vermitteln zwischen den Akteuren.

"Unser Bewerbungstraining hat direkt dazu beigetragen, dass einige Jugendliche eine Einstiegsqualifizierung oder eine Ausbildung aufnehmen konnten." - Robert Fischer, LOK Cottbus

 

Vielen Schülerinnen und Schülern der BFS-G- und BFS-G-Plus-Klassen sind Bewerbungsprozesse für Ausbildungsplätze nicht ausreichend vertraut: Oftmals fehlen ihnen grundlegende Kenntnisse – von Bewerbungsanschreiben bis zum Vorstellungsgespräch. Umso wichtiger sind Projekte, die die Jugendlichen dort abholen, wo sie stehen und sie dabei unterstützen, elementare Kompetenzen zu stärken beziehungsweise zu erwerben. Eines dieser Projekte, die Robert Fischer in Cottbus als besonders positive Erfahrung wahrnimmt, ist das Bewerbungstraining: Hier werden die Schülerinnen und Schüler individuell gecoacht, es werden aus seiner Sicht "sehr, sehr gute Bewerbungsunterlagen erarbeitet", es gibt ein Training für Vorstellungsgespräche, und schließlich werden Betriebe angesprochen, die den Teilnehmenden ein Praktikum anbieten können. Dies hat in einigen Fällen direkt dazu beigetragen, dass Jugendliche in eine Einstiegsqualifizierung oder sogar eine Ausbildung mündeten.

Kontinuierliche Kommunikation

Für die Arbeit der Lokalen Koordinierungsstellen ist eine gute Kommunikation innerhalb des OSZ sehr wichtig. So nimmt Robert Fischer an der monatlichen Klassenleiterversammlung der BFS-G-Klasse teil, hält aber darüber hinaus zu den Lehrerinnen und Lehrern einen kontinuierlich engen Kontakt, um tagesaktuell informiert zu sein.

Neben der Netzwerkarbeit und der Organisation von OSZ-Projekten sieht Fischer seine Funktion auch als eine Art Schnittstelle – zum einen zum Lehrpersonal, zum anderen aber auch zu den Schülerinnen und Schülern: "Wir haben ein Büro im Oberstufenzentrum und sind deshalb immer ansprechbar." Zwar vereinbart er auch Gesprächstermine – wichtiger aber ist, dass die Jugendlichen bei Fragen und Problemen auch spontan vorbeikommen können und wissen, dass er immer ein offenes Ohr für sie hat.

Für fachliche Fragen kann Robert Fischer Kontakt mit dem begleitenden Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) aufnehmen. Mit dem Institut und anderen Kolleginnen und Kollegen steht er in regelmäßigem Austausch: Mit den Mitarbeitenden der anderen Lokalen Koordinierungsstellen finden dreimal im Jahr, mit den umliegenden Lokalen Koordinierungsstellen zusätzlich vierteljährliche Treffen statt, die vom f-bb organisiert und moderiert werden.

Im Gegensatz zur Lokalen Koordinierungsstelle Cottbus ist die Lokale Koordinierungsstelle Havelland von ländlichen Strukturen geprägt. Im Landkreis Havelland sind drei Standorte notwendig, um den Bedarf zu decken und für die Schülerinnen und Schüler beziehungsweise Auszubildenden erreichbar zu sein: Friesack im Norden, Nauen im Osten und Rathenow im Westen des Landkreises. Im Mittelpunkt der Arbeit der Lokalen Koordinierungsstelle Havelland stehen nicht die Bildungsgänge zur beruflichen Grundbildung, obwohl BFS-G-Plus am Standort Friesack angeboten wird. Vielmehr liegt der Schwerpunkt auf der Projektarbeit mit den Auszubildenden, die am OSZ den schulischen Teil der Ausbildung absolvieren. Von 2017 bis Juli 2022 nahmen insgesamt 3.748 Schülerinnen und Schüler an Projekten teil, die sie unter anderem in den folgenden Bereichen fördern sollten:

  • Lernkompetenz
  • Konfliktfähigkeit und Konfliktmanagement
  • Teamfähigkeit
  • Motivation
  • Kommunikationsfähigkeit
  • Respekt
  • Berufsorientierung

Individuelle Hürden überwinden

Klick zum VergrößernDas Lehrpersonal für Wirtschaft und Verwaltung, Benachteiligtenausbildung vor dem OSZ Havelland am Standort Nauen – Bild: OSZ Havelland

Analysen zeigen, dass sich Bedarfe von Schuljahr zu Schuljahr ändern. Trotzdem gibt es einige Projekte, die sich bewährt haben und daher jedes Jahr erneut angeboten werden. Zu diesen Projekten zählen Maßnahmen zum Teambuilding, die zu Beginn des Schul- beziehungsweise Ausbildungsjahres angeboten werden. Dadurch wird den Schülerinnen und Schülern nicht nur der Einstieg in das OSZ erleichtert (also eine Art "Onboarding" im neuen Lebens- und Lernkontext), sondern es wird auch ein funktionierender Klassenverband aufgebaut. Daneben etablierte die Lokalen Koordinierungsstelle Havelland den Ausbildungsparcours "AusbildungConAction", der Azubis schon im ersten Lehrjahr mit potentiellen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern bei Konflikt- und Problemlagen in Kontakt bringt, sodass die Beratungs- und Informationsstellen im Bedarfsfall bereits bekannt sind und Kontakthemmnisse gar nicht erst entstehen. Aus diesem Projekt heraus ist der sogenannte "AusbildungsSPICKER" entstanden: Er passt in jede Hosentasche und dient als Unterstützung für die häufigsten Fragen und Sorgen während der Ausbildung. Zudem sind hier die wichtigsten Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner vermerkt, die bei Fragen und Problemen kontaktiert werden können.

Um eine ungezwungene und offene Möglichkeit zum Austausch zu schaffen, wurde das Projekt "ProblemlösBAR" ins Leben gerufen. Dabei können die Schülerinnen und Schüler einfach vorbeikommen und ihre Probleme, Gedanken, Fragen oder Wünsche gegen ein Stück Kuchen oder etwas Süßes eintauschen. Neben schulischen Schwierigkeiten – wie beispielsweise der Angst vor Klausuren oder der anstehenden Zwischenprüfung – erfahren die Mitarbeiterinnen der Lokalen Koordinierungsstelle auch mehr über individuelle Lernerfolge bei der Nachhilfe und beruflichen Bestrebungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer berufsvorbereitender Maßnahmen. "Hier gewinnen wir dann wiederum neue Anregungen für zukünftige Arbeiten und Projekte", berichtet eine Mitarbeiterin der Lokalen Koordinierungsstelle. Nebenbei identifizieren sie auf diese Weise wiederkehrende Problemlagen. Auf dieser Basis haben sie verschiedene "Laufzettel" entwickelt, auf denen spezifische Anlaufstellen und Handlungsschritte zur Problemlösung oder zur Klärung von Fragen notiert sind.

"Die Jugendlichen können mit allen Fragen und Problemen den Weg zu den Lotsinnen und Lotsen suchen." - Tina Wonscherowsky, LOK Havelland

 

Mit dem Projekt "Kommunikation im Arbeits- und Schulleben meistern", werden die Auszubildenden im Havelland in ihren sozialen Kompetenzen sowie in Kommunikations-, Kritik- und Konfliktfähigkeit gestärkt. Begleitend spielen auch persönliche Kompetenzen wie die Wahrnehmung von Selbst- und Fremdbild und in diesem Zusammenhang auch die Selbstreflexion eine entscheidende Rolle. Die jungen Menschen erfahren, wie sie ihren Berufsalltag, aber auch Gespräche mit Ausbilderinnen und Ausbildern sowie Kundinnen und Kunden meistern können.

Unabhängige Schnittstelle

Das Vertrauensverhältnis, dass die Schülerinnen und Schüler durch den häufigen Kontakt in verschiedenen Kontexten zu den Türöffnerinnen und Türöffner im OSZ Havelland aufbauen, sieht Tina Wonscherowsky von der Lokalen Koordinierungsstelle Havelland als einen Schlüssel für den Erfolg ihrer Arbeit. Wichtig ist die Gewissheit, dass immer jemand da ist, den man im Bedarfsfall kontaktieren kann. Ihre Rolle zeichnet sich dadurch aus, dass sie unabhängig von der Schule oder dem Betrieb sind: "Diese Neutralität schätzen die Jugendlichen sehr, weil sie mit allen Fragen und Problemen den Weg zu den Lotsinnen und Lotsen suchen können."

Obwohl die Lokalen Koordinierungsstellen unabhängig sind, bilden sie eine wichtige Schnittstelle. Wie für Robert Fischer in Cottbus ist auch für Tina Wonscherowsky im Havelland diese Schnittstellenfunktion entscheidend: "Um die OSZ-Projekte gut umsetzen zu können, müssen wir Rücksicht auf die innerschulischen Belange und Bedingungen nehmen und die Lehrerinnen und Lehrer strukturell einbinden." Ein ständiger Kontakt zum Lehrpersonal ist auch deshalb nötig, weil Anzeichen für Probleme bei den Jugendlichen, wie beispielsweise vermehrtes Fehlen oder sonstige Verhaltensänderungen am ehesten im Unterricht auffallen.

Modell mit Zukunft

Klick zum VergrößernJugendliche im Fokus des Programms – Bild: © Maurice Hüsni | displayced.de

Entscheidend für den Erfolg des Programms ist die Frage, was die Vermittlungs- und Projektangebote bei den Jugendlichen bewirkt haben und weiter bewirken. Die Lokale Koordinierungsstelle bildet eine Unterstützungsstruktur für OSZ, die Lehrende entlastet und die Ausbildung vor Ort langfristig stärkt. Durch die Lokalen Koordinierungsstellen werden häufige Probleme beim Übergang Schule-Beruf gezielt angegangen. Lehrerinnen und Lehrer berichten zudem von einem deutlich verbesserten Klassenklima – Jugendliche fühlen sich durch die Projekte gestärkt, unter anderem für den Schulalltag, ein Bewerbungsverfahren, die Praktikumssuche oder auch die Kommunikation mit dem jeweiligen Ausbildungsbetrieb. Sowohl das Ministerium als auch die Lotsinnen und Lotsen betonen zudem, dass sich die Arbeit mit lokalen Netzwerkpartnern deutlich verbessert habe.

Die Aussagen der Beteiligten – Ministerium, begleitendes Forschungsinstitut, Praktikerinnen und Praktiker vor Ort – deuten mit großer Evidenz darauf hin, dass die Arbeit der Lokalen Koordinierungsstellen eine recht hohe Wirksamkeit entfaltet, vor allem durch das Andocken an einer zentralen Schnittstelle: zwischen Schülerinnen und Schülern beziehungsweise Auszubildenden, Lehrkräften und Beratungsstellen sowie weiteren regionalen Akteuren.

Mittlerweile haben sich die Lokalen Koordinierungsstellen fest etabliert und eine hohe Zahl an Jugendlichen nimmt ihre Angebote wahr. Die sehr unterschiedlichen Ausgestaltungen der Vorgaben des Türöffner-Programms in der Stadt Cottbus und im Landkreis Havelland zeigen, dass die große Chance, des Programms in seiner Flexibilität liegt. Es zeichnet sich dadurch aus, dass es zwar einen klar definierten Rahmen für alle Lokalen Koordinierungsstellen setzt, aber auch genügend Spielraum für die Mitarbeitenden vor Ort lässt, damit sie nach den Bedarfen der Jugendlichen handeln und sie entsprechend unterstützen können. Die Einschätzung der Programm-Beteiligten und das Feedback der Jugendlichen legt nahe, dass sich das Konzept auch andernorts umsetzen ließe. Die Bedarfe und die Voraussetzungen finden sich auch außerhalb von Brandenburg.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Projektarbeit der Lokalen Koordinierungsstellen dazu beiträgt, Ausbildungsperspektiven für Schülerinnen und Schüler der Oberstufenzentren zu schaffen und Auszubildende so zu unterstützen, dass möglichen Ausbildungsabbrüchen vorgebeugt wird. So wird den jungen Menschen eine Tür zur "Zukunft Beruf" geöffnet.

Das Programm "Türöffner: Zukunft Beruf" wird über eine neue Richtlinie bis zum 31. Juli 2028 weitergeführt.

Weitere Informationen

  • Informationen zum Programm
    Weitergehende Informationen rund um das Programm lassen sich auf den Seiten des brandenburgischen Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport finden.
  • Richtlinie zum Programm
    Das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport in Brandenburg hat eine Richtlinie zur Förderung von lokalen Koordinierungsstellen in Brandenburg veröffentlicht.
  • Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb)
    Das Programm wird vom Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) fachlich begleitet und fördert den Austausch zwischen den verschiedenen lokalen Koordinierungsstellen.