27.10.2023 | Redaktion | JOBLINGE

NEETS - Jugendliche im Niemandsland

Studie des Programms JOBLINGE versucht, Licht ins Dunkel zu bringen

In Deutschland leben mehr als 630.000 Jugendliche, die nicht in Ausbildung, Arbeit, Schule oder Studium sind – so genannte "NEETS". Viele von ihnen könnten den Weg in die berufliche Bildung finden – doch was hält sie davon ab? Das Institut rheingold versuchte das im Auftrag des Programms JOBLINGE herauszufinden. Die Studie "Jugend im Standby" zeigt: Mit den üblichen Mitteln kommt man an diese jungen Menschen nicht heran. Sie sind schwer erreichbar und misstrauen öffentlichen Institutionen. Die heterogene Gruppe benötigt sehr unterschiedliche Formen der Ansprache.

Bild: illustrissima/Adobe Stock

Die Studie soll helfen zu verstehen, was junge Menschen von der Ausbildung abhält und wie sie dafür motiviert werden können. Die Autorinnen und Autoren zeigen, dass klassische Ansprachewege, Angebote und Anreize bei dieser Zielgruppe nicht anschlagen. Sie identifizieren sechs Typen mit individuellen Vermeidungsstrategien in Bezug auf berufliche Bildung – von "In Wohlfühl-Welten verharren" bis zu "Sich als Loser erleben". Die Spanne reicht von überhöhtem Selbstbewusstsein (Hybris) bis hin zu mangelndem Selbstwertgefühl. Viele NEETS können mit dem Gedanken einer übergreifenden Gesellschaft und der Teilhabe daran wenig anfangen und erleben sich als abgekapselt. Die Vielzahl der Optionen nach der Schule erscheint vielen nicht als Chance, sondern führt zu Überforderung und Rückzug.

"Um dem Arbeitskräftemangel ganzheitlich entgegenzutreten, und insbesondere die jungen Menschen, die unter dem Radar laufen, (wieder) für berufliche Bildung zu erreichen, braucht es akteursübergreifendes Handeln und die systematische Partizipation der Zielgruppe." - Christiane Schubert, JOBLINGE FrankfurtRheinMain

 

Schon bei der Rekrutierung der jungen Menschen zeigte sich, dass potenzielle Kandidatinnen und Kandidaten die Teilnahme trotz Bezahlung oft ablehnten, kurzfristig mit vorgeschobenen Gründen wieder absagten, nicht oder verspätet zu Terminen erschienen. Im Alltagsleben fehlte ihnen meist Struktur und Motivation. Einige steckten schon seit Jahren in Jobs für Ungelernte fest, hatten Fluchterfahrung oder lebten in Wohngruppen, vielen von ihnen fehlte jegliche Unterstützung und Förderung. Zusätzlich wurden viele dieser Merkmale und Probleme durch die Effekte der Corona-Pandemie verstärkt.

Individuelle Formen der Unterstützung und Ansprache nötig

Die angetroffenen Jugendlichen und jungen Erwachsenen stammen aus allen Teilen der Gesellschaft und haben sehr unterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen, manche tatsächlich sehr schwierige. Nach den Erkenntnissen der Studie sind sie in der Regel nicht krank; sie wollen und können sich entwickeln – stecken aber im Übergang von Jugend zu Erwachsenwerden fest, oft zwischen großen Träumen und geringem Selbstvertrauen.

Wegen ihrer heterogenen Voraussetzungen und Vermeidungsstrategien benötigen sie individuelle Formen der Unterstützung und Ansprache: Einige müssen beinahe nur zum ersten Schritt in eine Richtung bewegt werden und laufen dann alleine weiter. Andere brauchen über einige Zeit eine Art Coach, gleichermaßen ein Role-Model, bis das Zutrauen in die eigenen Kompetenzen stabilisiert ist. Wieder andere brauchen quasi-therapeutische Begleitung, um die im Hintergrund stehenden psychosozialen Krisen zu bewältigen.

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