15.06.2022 | Redaktion | FES

Integrationskurse reformieren

FES impuls zur Reform der "Integrationskurse mit Alphabetisierung"

Für eine gelungene Integration ist das Erlernen der Sprache unabdingbar, setzt allerdings die Fähigkeit zu lesen und zu schreiben voraus. Für Migrantinnen und Migranten ohne oder mit nur wenig formaler Vorbildung ist der Integrationskurs eine große Herausforderung. Vor diesem Hintergrund wurden die sogenannten Alpha-Kurse (Integrationskurse mit Alphabetisierung) konzipiert. Die Friedrich Ebert Stiftung plädiert in einem Beitrag der Reihe "FES impuls" für eine Reform dieser Kurse, um sie besser auf individuelle Voraussetzungen und Potenziale abzustimmen.

Bild: pressmaster/Adobe Stock

Aus Sicht der Autorinnen und Autoren bedarf es einer Loslösung der Fixierung auf die Niveaustufen des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmes (GER) für Sprachen, die bisher gesetzlich verankert ist. Vielmehr gelte es den Erwerb von Literalität im Kontext des Zweitspracherwerbs als Kurserfolg zu definieren. Zudem sei eine umfassende Diagnostik über den Lernprozess hinweg erforderlich: So sollte die Diagnostik kontext- und lebensweltbezogen im Sinne der Teilnehmenden ausfallen und so den Fokus auf die kommunikative Funktion von Lesen und Schreiben gegenüber dem technischen Aspekt (zum Beispiel Rechtschreibung und Grammatik) verschieben.

Unterschiedliche Lernzugänge durch Binnendifferenzierung

Entsprechend der Heterogenität der Zielgruppe sollten unterschiedliche didaktische Methoden Anwendung finden. Zu bevorzugen sei der Einsatz von binnendifferenzierenden Methoden, die unterschiedliche Lernzugänge im Unterricht und dadurch differenzierte Lernanforderungen ermöglichen. Dabei sollten die gewählten didaktischen Methoden die individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse sowie die Lernbiografien, die kognitiven Kompetenzen und Lernmotivationen der heterogenen Lerngruppe berücksichtigen.

Neu zu bewerten sei auch der zeitliche Rahmen der Alphabetisierungskurse. Traumata, die komplexen Lebensbedingungen, die Gewöhnung an Lernautonomie und auch die kulturellen Herausforderungen der institutionellen Wissensvermittlung könnten ein konzentriertes Lernen über einen längeren täglichen Zeitraum erschweren. So sei insgesamt von einem sehr unterschiedlichen zeitlichen Umfang des Erwerbs von Lese- und Schreibfähigkeit auszugehen. Und schließlich seien angesichts der umfassenden Kompetenzanforderungen verbindliche und praktikable Qualifizierungsangebote für das Lehrpersonal nötig, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gewährleisten müsse.

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