09.07.2020 | Redaktion | BIBB

Einfacharbeit in Deutschland

Untersuchung des BIBB: Wer arbeitet was und unter welchen Bedingungen?

Welche Auswirkungen haben technologischer Wandel, Digitalisierung und Globalisierung von Arbeitsprozessen auf die so genannte "Einfacharbeit" – also Jobs, die keine formale Berufsausbildung erfordern und die nach kurzen Qualifizierungs- oder Einarbeitungsprozessen ausgeführt werden können? Wer verrichtet überhaupt welche Tätigkeiten in diesem Segment das Arbeitsmarktes und unter welchen Bedingungen? Das untersuchte das Bundesinstitut für Berufsbildung auf Basis der Ergebnisse aus der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2018.

Bild: Photographee.eu/Adobe Stock

In Bezug auf die Zukunft der Einfacharbeit (auch "Helferberufe") wird  oft angenommen, dass Routinetätigkeiten besonders leicht durch Maschinen ersetzt werden können. Tatsächlich lag der Anteil der Tätigkeiten, die potenziell von Computern oder computergesteuerten Maschinen erledigt werden könnten, für Helferberufe 2016 bereits bei 58 Prozent. Beschäftigte in Einfacharbeit stellen aber entgegen manchen Erwartungen heutzutage keine Randgruppe dar: Seit 2006 ging ihr Anteil nur leicht zurück - von 18,8 Prozent auf 16,5 Prozent (2018). Im Jahr 2000 hatte die Quote noch bei etwa 30 Prozent gelegen. Prognosen zufolge wird der Bedarf an Helfertätigkeiten noch bis 2030 auf ähnlich hohem Niveau bleiben. Vor allem im Dienstleistungssektor und in der Industrie bildet Einfacharbeit einen stabilen Sockel.

Die Untersuchung des BIBB unterscheidet zwischen zwei Typen einfacher Tätigkeiten: Während die Einfacharbeit-Level1 durch eine kurze Einweisungszeit am Arbeitsplatz gekennzeichnet ist, ist bei der Einfacharbeit-Level2 eine längere Einarbeitung im Betrieb erforderlich. Arbeitsplätze mit Level1 werden vor allem von Frauen, Migrantinnen und Migranten sowie älteren Beschäftigten besetzt und umfassen mehrheitlich Personen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung. Die Arbeitsbedingungen und der Verdienst fallen hier deutlich schlechter aus als bei Level2. Der Anteil unsicherer Beschäftigungsverhältnisse ist außerdem erheblich größer.

Häufig überqualifiziert

Am stärksten vertreten sind Beschäftigte in Einfacharbeit im Dienstleistungsbereich, und hier vor allem im Lebensmittel- und Gastgewerbe, bei den Handelsberufen, bei Verkehrs- und Logistik- sowie bei Reinigungsberufen. Übersetzt auf die Tätigkeiten heißt dies: Überdurchschnittlich viele Beschäftigte auf Level1 und Level2 sind in den Bereichen "Reinigen, Abfall beseitigen, Recyclen" und "Transportieren/Lagern/Versenden" tätig.

Auffallend ist, dass Beschäftigte in Helferberufen häufig überqualifiziert sind. Das betrifft 63 Prozent auf Level1 und sogar 77 Prozent auf Level2. Wie hoch der "Mismatch" und damit eine zu geringe Verwertung von Humankapital ist, zeigt sich besonders im Vergleich zu den qualifiziert Beschäftigten, bei denen der Anteil der Überqualifizierten nur bei 14 Prozent liegt. Hier sieht die BIBB-Untersuchung ein großes Potenzial, Beschäftigte durch Weiterbildung an qualifiziertere Tätigkeiten heranzuführen. Bislang gilt: Je geringer das Level der ausgeübten Tätigkeiten, desto geringer ist auch die Teilnahme an beruflichen Weiterbildungen.

Nicht überraschend ist der Befund, dass besonders viele Beschäftigte auf Level1 in unsicheren Arbeitsverhältnissen mit hoher Entlassungsgefahr (12,5 Prozent, Level2: 6,8), in Teilzeit (49,3 Prozent, Level2: 29,8) oder befristet angestellt sind (26,5 Prozent, Level2: 15,6). Und schließlich überrascht auch nicht, dass der Niedriglohnanteil mit 56,5 Prozent bei Level1 und 35,6 Prozent bei Level2 sehr viel größer ist als bei qualifiziert Beschäftigten (16,5 Prozent).

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