12.10.2017 | Petra Druckrey

Aktuelle Herausforderungen für die BSO

In den zurückliegenden Jahren wurde die BSO massiv ausgebaut. Dafür haben Bund und Länder, Bundesagentur für Arbeit, Kultusministerkonferenz, öffentliche Einrichtungen und Organisationen sowie die Wirtschaft ihre Aktivitäten systematisch erhöht, aufeinander abgestimmt und weiterentwickelt.

Viele allgemein- und berufsbildende Schulen, allen voran deren Lehrerinnen und Lehrer, haben die BSO mit Leben gefüllt und engagieren sich täglich, ihre Schülerinnen und Schüler in ihrer beruflichen Orientierung zu unterstützen. Doch obwohl es inzwischen ein so großes dichtes Netz gibt, gehen noch immer junge Menschen am Übergang Schule – Beruf verloren, fühlen sich schlecht orientiert und stehen den Fragen ihrer beruflichen Zukunft ratlos gegenüber. Zugleich schreiten gesellschaftliche und technische Entwicklungen massiv voran. Die Folgen des demografischen Wandels, Fragen der Fachkräftesicherung, Flüchtlingsmigration und Digitalisierung stellen in diesem Zusammenhang die größten Herausforderungen dar. Alle vier Themenfelder haben direkte Auswirkungen auf die Entwicklung der BSO.

Junge Menschen mit Fluchtgeschichte beruflich orientieren

Um junge Menschen mit Fluchtgeschichte möglichst rasch integrieren zu können, benötigen sie passende Betreuungs- und Bildungsangebote. Im Bereich der BSO stehen die regulären Berufsorientierungsprogramme des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Bundesagentur für Arbeit jungen Menschen mit Fluchtgeschichte offen.

Für den langfristigen Erfolg dieser zahlreichen Programme, Maßnahmen und Initiativen ist es wichtig, sie zu koordinieren, gute Beispiele rasch bundesweit bekannt zu machen und weiter intensiv an Lösungen zu arbeiten, junge Menschen mit Fluchtgeschichte zu integrieren bzw. all jenen, die wie Lehrerinnen und Lehrer täglich mit dieser Zielgruppe arbeiten, die Unterstützung zukommen zu lassen, die sie für ihre Arbeit benötigen. Dazu zählen qualifizierte Kolleginnen und Kollegen, Materialien wie Handreichungen oder webbasierte Angebote und Fortbildungen, die ihnen u. a. auch die Möglichkeit bieten, sich über ihre Erfahrungen mit dieser Zielgruppe auszutauschen.

Fortbildung für Lehrerinnen und Lehrer anbieten

Unabhängig davon, ob BSO - wie in Baden-Württemberg - ein eigenes Schulfach ist, ob es ein Ankerfach gibt (PoWi, Arbeit-Wirtschaft-Technik) oder BSO als schulische Gesamtaufgabe umgesetzt wird, stets bedarf es dafür qualifizierter Lehrerinnen und Lehrer. Je besser sie auf ihre pädagogischen und fachlichen Aufgaben im Kontext schulischer BSO vorbereitet sind, desto besser ihre Angebote. Doch nicht nur Lehrerinnen und Lehrer benötigen Fortbildungsangebote, um ihre Schülerinnen und Schüler auf die (Arbeits)Welt von morgen vorzubereiten, Fortbildungsangebote benötigen auch die Partner im Prozess der BSO, die zum Beispiel als Schulsozialarbeiter, Arbeitscoaches, Berufseinstiegsbegleiter, als ehrenamtlich tätige Mentoren oder Paten tätig sind. Ausgangspunkt solcher Fortbildungsangebote müssen die spezifischen Aufgaben sowie die schulischen und unterrichtlichen Herausforderungen darstellen, mit denen die Personen jeweils betraut sind. Die Palette möglicher Angebote reicht hier von Beratung und Coaching über BSO für junge Menschen mit Fluchtgeschichte, Elternarbeit, Planung von Unterrichtsprojekten an verschiedenen Lernorten, Kooperation mit Unternehmen, Entwicklung von Curricula zur BSO, Nutzung digitaler Lernangebote zur BSO, Onlinebewerbung bis zu Berufsbildung 4.0. Dabei fördern gemeinsame Angebote für Lehrerinnen und Lehrer allgemein- und berufsbildender Schulen bzw. gemeinsam mit den zuvor genannten Partnern sowie mit den Partnern der Agentur für Arbeit und den Partnern aus der Wirtschaft die Kooperation all dieser Partner im Übergang Schule – Beruf, fördern den Austausch und stärken den Netzwerkgedanken.

BSO auch an Gymnasien verbessern

Der Trend zu höheren Bildungsabschlüssen ist ungebrochen. Seit mehreren Jahren übersteigt die Zahl der jährlichen Studienanfänger die Zahl derjenigen, die eine duale Ausbildung beginnen . Parallel dazu steigt die Zahl der Studienabbrecher/innen. Laut einer Studie des Zentralverbands der Deutschen Wirtschaft brechen fast ein Drittel aller Studentinnen und Studenten in der Frühphase ihr Studium ab, die Abbrüche bei Bachelor- und FH-Studiengängen sind weiter gestiegen . Diese Entwicklung sollte Anlass genug für Gymnasien sein, ihre bisherige BSO zu überprüfen. Obwohl BSO einen zentralen Bestandteil des schulischen Bildungsauftrages darstellt und verschiedene Bundesländer sie inzwischen verpflichtend für Gymnasien geregelt haben (z. B. Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen), ist sie an Gymnasien noch immer keine Selbstverständlichkeit.

Um ihre Wirkung entfalten zu können muss BSO an Gymnasien drei Zielgruppen im Blick haben:
Schülerinnen und Schüler, die das Gymnasium mit mittleren Bildungsabschluss, Fachhochschulreife oder allgemeiner Hochschulreife verlassen möchten. Sie alle benötigen zu unterschiedlichen Zeit-punkten ihrer Schullaufbahn Orientierung und Unterstützung, um eine fundierte Grundlage zu erhalten, auf der sie ihren weiteren Weg in die Berufs- und Arbeitswelt planen können.

BSO als Leitungsaufgabe formulieren

In verschiedenen Bundesländern obliegt es der Schulleitung, Koordinator(inn)en für die BSO zu benennen. BSO soll „in enger Abstimmung“ (Berlin) oder „mit Unterstützung“ (Hessen) der Schulleitung erfolgen. So wichtig diese Festschreibungen sind, erst wenn BSO eindeutig als Leitungsaufgabe formuliert wird, wird sie die an sie gerichteten Erwartungen erfüllen zu können. Eine schuleigene, systematische BSO auf- und auszubauen, sie zu verstetigen und weiterzuentwickeln, sie im Schulkonzept zu verankern und nach außen zu vertreten, ist eine Aufgabe, die nur von Schulleitungen umgesetzt werden kann. Dafür müssen Schulleitungen Verantwortliche benennen, Koordinator(inn)en oder Teams berufen und Aufgaben delegieren können, aber sie müssen es sein, die für die BSO der Schule die Verantwortung tragen. Für diese Aufgabe benötigen sie, ebenso wie die benannten Koordinatorinnen und Koordinatoren, Zeit, die nicht zulasten anderer Aufgaben gehen darf.