04.01.2019 | AGJ | Redaktion

Der Begriff „Teilhabe“

Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe veröffentlichte Positionspapier

"Teilhabe" ist ein zentraler Begriff im Bereich der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe und der Inklusion im Übergang Schule – Beruf. In der UN-Behindertenrechtskonvention sowie bei der Reform des Systems der Eingliederungshilfe durch das Bundesteilhabegesetz spielt er eine entscheidende Rolle. Doch was bedeutet "Teilhabe" genau? Aus Sicht der Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe (AGJ) steht die Verständigung über die begriffliche und fachpolitische Bedeutung des Begriffs noch in den Anfängen. In einem Positionspapier stellt sie einige Aspekte zur Diskussion.

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Teilhabe betrifft zahlreiche Facetten des gesellschaftlichen Lebens, vielfältige Formen der Interaktion und unterschiedliche Aspekte des Zugangs zu gesellschaftlichen Leistungen und Angeboten. Bei der Teilhabe als Ziel sozialstaatlicher Unterstützung geht es - so das Positionspapier - um das intersubjektive, im menschlichen Wesen verankerte Bedürfnis nach sozialem Kontakt, Zugehörigkeit, Partizipation und Achtung.

Die Ermöglichung von Teilhabe setzt voraus, das jeweilige Gegenüber und dessen legitime Ziele anzuerkennen. In den sozialen Prozessen zieht Teilnahme die Anforderung an die Beteiligten nach sich, auch "Teil zu geben" und so zu diesen sozialen Prozessen beizutragen. Die Integration der Einzelnen ist demnach ein konstitutives Merkmal einer offenen und freien Gesellschaft. Teilhabe realisiert sich über ein Geben und Nehmen. Staatliche Unterstützung der Teilhabe beruht dabei auf einem Interesse der demokratischen Gesellschaft an sozialem Zusammenhalt und wirkt der destruktiven Gefahr einer Segregation von Gruppen entgegen.

In diesem Sinne können unterschiedliche Adressatinnen und Adressaten der Kinder- und Jugendhilfe auf ihre je eigene Weise von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen sein, wie drei Beispiele verdeutlichen:

  • Menschen mit Behinderung sind mit zahlreichen Barrieren konfrontiert, die ihnen selbstbestimmte Teilhabe in diesem Sinne erschweren oder unmöglich machen.
  • Armut kann Teilhabechancen erheblich beeinträchtigen, was mit der Einführung des sog. „Bildungs- und Teilhabepakets“ im Jahr 2011 auch begrifflich breitere Aufmerksamkeit erfahren hat.
  • Bei geflüchteten Kindern und Jugendlichen sowie ggf. ihren Familien werden die Diskurse häufig von der Überschrift „Integration“ dominiert, was (verkürzt) die Frage gesellschaftliche Anpassungserwartungen in den Vordergrund rückt, aber bei näherer Betrachtung weitreichende Aspekte der Teilhabe zum Gegenstand hat.

Schaffung von Zugängen

Das Positionspapier richtet den Blick darauf, dass Teilhabe in erster Linie durch die Schaffung von Zugängen ermöglicht wird. Attraktive inklusive Zugänge können aus Sicht der Autorinnen und Autoren nur mit den Betroffenen gemeinsam gestaltet werden: "Beteiligung heißt dabei, (Definitions-)Macht abzugeben und sich auf (neue) Denkformen und -ansätze einzulassen."

Das Papier erörtert die Funktionen des Sozialrechts im Hinblick auf Teilhabe. Dabei geht es sowohl um eine Bereitstellung von Regelleistungen, die auf die breite Vielfalt von Bedarfen ausgerichtet sind, als auch um die Schaffung einer niedrigschwellig zugänglichen Infrastruktur im Sozialraum. Es diskutiert Konturen und Grenzen des Rechtsanspruchs auf Teilhabeleistungen, zeigt das Zusammenspiel von Zugangsvoraussetzungen und Teilhabebedarf und fragt, welche Förderstrukturen etabliert werden müssen, um eine umfassende Teilhabe zu ermöglichen.