21.09.2018 | PM WZB | Redaktion

Studie zur prekären Beschäftigung

Wissenschaftszentrum Berlin sieht politischen Handlungsbedarf

Menschen ohne Berufsausbildung sind in Deutschland besonders oft prekär beschäftigt. Eine Ausbildung oder ein Studium schützen aber auch nicht vor prekärer Beschäftigung. Entscheidender ist, ob Menschen tatsächlich in ihrem erlernten Beruf arbeiten. Das zeigt eine Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), die prekäre Beschäftigung für den Zeitraum von 1993 bis 2012 untersucht hat.

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Entspricht die ausgeübte Tätigkeit nicht dem erlernten Beruf, sind zwischen 40 und 60 Prozent der Jobs prekär (siehe Grafik links). Das Arbeiten im erlernten Beruf so wichtig ist, gilt nicht nur für Facharbeiter, sondern auch für Akademiker.

Als prekär definiert die Studie Beschäftigungsverhältnisse mit Niedriglohn oder einem Jahreseinkommen unterhalb des Existenzminimums, ohne Sozialversicherungsansprüche und Kündigungsschutz. Außerdem fallen "einfache" Arbeiten unter die Definition, die ein hohes Arbeitslosigkeitsrisiko oder große Gesundheitsrisiken bergen.

Jede(r) Achte ist dauerhaft prekär beschäftigt

Die Studie macht deutlich, dass etwa ein Achtel der deutschen Erwerbsbevölkerung dauerhaft oder zumindest in langen Zeiträumen prekär beschäftigt ist und unter prekären Umständen lebt. Die Autorinnen und Autoren folgern daraus: "Die Arbeits- und Sozialpolitik wäre gut beraten, sich auf diesen Tatbestand stärker einzulassen, der in der zahlenmäßigen Größenordnung dem Problem der Langzeitarbeitslosigkeit ähnelt, jedoch substantiell von diesem zu unterscheiden ist." Für den sozialen Zusammenhalt in Deutschland ist es aus ihrer Sicht entscheidend, inwieweit die Angehörigen dieser neuen sozialen Gruppe sich als vollwertiger Teil der Gesellschaft oder als unterprivilegiert oder teilweise ausgeschlossen wahrnehmen.

Die Befunde zeigen auch, welche Bedeutung formale Berufsabschlüsse für den deutschen Arbeitsmarkt haben. "Wir müssen es Menschen daher in jedem Alter ermöglichen, einen neuen Beruf zu erlernen oder zu studieren. Das ist vor allem angesichts des Fachkräftemangels wichtig", sagt WZB-Forscher Stefan Stuth. Ein virtuelles Bildungskonto, das Erwerbstätigen nach einer bestimmten Anzahl an Arbeitsjahren eine Neuausbildung finanziert, könnte beim beruflichen Neustart helfen. Auch die Weiterentwicklung des Meister-Bafögs sei denkbar.

Die Studie basiert auf Daten aus dem Sozio-Oekonomischen Panel. Analysiert wurden Erwerbsepisoden von 5.300 Männern und 4.838  Frauen in den Zehnjahresperioden 1993 bis 2002 sowie 2003 bis 2012.