22.03.2021 | Redaktion

Vielfalt erkennen, Inklusion verankern

"Berliner Erklärung" der Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern

Die Behindertenbeauftragten von Bund und Ländern fordern den Auf- und Ausbau eines Berufsbildungssystems, das die Vielfalt von Menschen mit Behinderungen und ihre Potenziale als Chance in der Berufswelt berücksichtigt. Junge Menschen mit Behinderungen sollten nicht mehr in bestimmte Berufe und Maßnahmen gedrängt werden, die angeblich für sie besonders geeignet seien. Bei der 61. Konferenz der Beauftragten von Bund und Ländern für Menschen mit Behinderungen (KBB) verabschiedeten sie dazu eine gemeinsame "Berliner Erklärung".

Zwölf Jahre nach Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention erwarten die Beauftragten eine umfassende Umsetzung der Inklusion: „Inklusive berufliche Bildung umfasst die Gestaltung der Bedingungen für Zugang, Verlauf und Abschluss beruflicher Bildungsgänge.“ Dazu brauche es die Durchlässigkeit zwischen verschiedenen Bildungssystemen. Ziel beruflicher Aus-, Fort- und Weiterbildung müssten barrierefreie und gleichberechtigte Gestaltungsmöglichkeiten der individuellen Bildungs- und Berufsbiographien sein, die das Wunsch- und Wahlrecht berücksichtigen.

Ausbildung und berufliche Bildung für junge Menschen mit Behinderungen finden nach Beobachtung der Beauftragten zu einem Großteil noch immer in außerbetrieblichen Bildungsstätten wie Berufsbildungswerken statt - oder außerhalb des allgemeinen Arbeitsmarktes in den Werkstätten für behinderte Menschen. Eine inklusive Arbeitswelt erfordere dagegen Ausbildung in den regulären Betrieben. Die Betriebe des allgemeinen Arbeitsmarktes müssten besser unterstützt werden, jungen Menschen mit Behinderungen eine berufliche Chance zu geben. Voraussetzung dafür sei eine Verbesserung der Barrierefreiheit und Inklusion an den Oberstufenzentren, den Berufsschulen und den Schulen für berufliche Bildung. Außerdem müssten die Unterstützung durch technische Hilfsmittel und/oder Assistenz in den Phasen der Praktika und bei Aufnahme der Ausbildung schnell verfügbar sein.

Die "Berliner Erklärung" weist darüber hinaus auf weitere Voraussetzungen für eine inklusive berufliche Bildung hin:

  • die Gewährung von individuellen Nachteilsausgleichen bei Prüfungen
  • die Verankerung von Inklusion in der Aus-, Fort- und Weiterbildung für die Lehrkräfte
  • die Verbesserung und der Ausbau von Berufs- und Studienberatung für Menschen mit Behinderungen
  • Qualifizierungsangebote für Beraterinnen und Berater bei den Reha-Trägern
  • die Verbesserung der Durchlässigkeit zwischen Qualifizierungs- und Ausbildungsketten
  • Verbesserungen der Fachpraktiker-Ausbildungen

Im Hinblick auf die Digitalisierung sehen es die Beauftragten für Menschen mit Behinderungen als notwendig an, Chancen und Risiken von Arbeit 4.0 für die berufliche Bildung immer mitzudenken: "Der Strukturwandel muss systematisch genutzt werden, um die Rahmenbedingungen auf dem Arbeitsmarkt und insbesondere für berufliche Bildung für Menschen mit Behinderungen deutlich zu verbessern." In Bezug auf die Corona-Pandemie bedürfe es tragfähiger und nachhaltiger Werkzeuge und Maßnahmen, um die steigende Arbeitslosigkeit von Menschen mit Behinderungen zu verhindern bzw. abzubauen, berufliche Bildung zu sichern.

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