10.03.2020 | Redaktion

Lebenswelt und Integration

IAQ untersucht Zusammenwirken von lebens- und arbeitsweltlichen Faktoren

Bei der Integration junger Geflüchteter in den Arbeitsmarkt haben sich in den letzten Jahren Unterstützungsstrukturen gebildet. Doch inwieweit gilt dies auch für lebensweltliche Aspekte, also das soziale Umfeld mit der jeweiligen Wohnsituation, der Mobilität, der kulturellen Teilhabe oder dem Bereich der Gesundheit? Dies untersuchte das Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen und kam zu dem Ergebnis: Hier fehlt es noch an Unterstützungsangeboten.

Mobilität: Wichtiger Faktor für Integration          Bild: Paolese/Adobe Stock

Grundlage des IAQ-Reports "Integration von jugendlichen Geflüchteten" sind Ergebnisse des Forschungsprojekts "Kooperation von Akteuren vorbeugender Sozialpolitik". Darin fanden die Forscher unter anderem heraus, dass für eine möglichst chancengleiche gesellschaftliche Teilhabe junger Geflüchteter neben ihrer Integration in Schule und Arbeitswelt auch die Konstellationen in weiteren Lebensbereichen berücksichtigt werden müssen.

Bei den lebensweltlichen Aspekten identifiziert der Report vier Dimensionen, die die Integration beeinflussen. So prägen die Sozialisation und die kulturellen Hintergründe des jeweiligen Herkunftslandes die Rollen-, Familien- und Geschlechterbilder der Geflüchteten, aber auch ihre Vorstellungen von Bildung und Berufsleben. Familiäre Verbindungen und soziale Kontakte spielen eine maßgebliche Rolle, um sich in Deutschland zurechtzufinden und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Hier zeigt sich, dass durch Krieg, Flucht und Verfolgung vielfach Familien auseinandergerissen wurden. Viele Geflüchtete stehen auch unter dem Druck, schnell Geld zu verdienen, weil Familienmitglieder im Herkunftsland auf finanzielle Unterstützung angewiesen sind.

Gesellschaftlicher Handlungsbedarf

Wichtig sind die Wohnsituation und die Mobilität von Geflüchteten. So kann eine Unterbringung in Sammelunterkünften, oft auf engem Raum zusammen mit anderen Personen, das Lernen für Schule oder Ausbildung massiv behindern. Probleme bei der Mobilität gibt es vor allem im ländlichen Raum. In Bezug auf das Thema Gesundheit sind zunächst Sprachkenntnisse ausschlaggebend, da Arztbesuche kommunikativ geprägte Situationen sind und durch fehlende Verständigungsmöglichkeiten gefährliche Situationen entstehen können. Auch sind Geflüchtete nicht selten von psychosozialen Problemen oder Traumata betroffen.

Lebensweltliche Herausforderungen können also einen maßgeblichen Einfluss auf den Integrationsprozess der jungen Flüchtlinge haben. Daraus ergibt sich ein großer Handlungsbedarf sowohl für sozialpolitische Akteure als auch für die Zivilgesellschaft. Wie es gelingen kann, konkrete Aufgaben zu identifizieren und umzusetzen, zeigt der Report am Beispiel der Initiative "Gemeinsam klappt’s" in Nordrhein-Westfalen: Durch lokale Bündnisse sollen hier die Integrationschancen von jungen Geflüchteten zwischen 18 und 27 Jahren verbessert werden, wobei neben der Integration in Arbeit und Ausbildung auch lebensweltliche Aspekte aktiv mit einbezogen werden. Die Landesinitiative wird derzeit in fast allen NRW-Kommunen umgesetzt.

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