12.01.2023 | Redaktion | IAB

Hürden für geflüchtete Frauen

IAB-Analyse: Integrationsgesetz erschwert unbefristete Niederlassung

Mütter und unverheiratete Frauen, die dauerhaft in Deutschland bleiben wollen, erlangen eine unbefristete Niederlassungserlaubnis deutlich schwerer als geflüchtete Männer. Dies zeigt eine Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Das liegt vor allem an den verschärften Bedingungen, die seit der Einführung des Integrationsgesetzes im Jahr 2016 für die Erlaubnis gelten. Asylberechtigte müssen seither nachweisen, dass sie über hinreichende Sprachkenntnisse verfügen und ihren Lebensunterhalt weitgehend eigenständig sichern können.

Bis Juli 2016 konnte Flüchtlingen nach drei Jahren Aufenthalt die unbefristete Niederlassung erlaubt werden, sofern die Schutzgründe (etwa politische Verfolgung oder Krieg im Herkunftsland) zu diesem Zeitpunkt noch fortbestanden. Seit August 2016 fordert der Gesetzgeber zusätzlich den Nachweis konkreter Integrationsleistungen. Die Niederlassung nach mindestens drei Jahren Aufenthalt dürfen die zuständigen Ausländerbehörden seither nur dann erlauben, wenn Flüchtlinge die deutsche Sprache beherrschen und ihren Lebensunterhalt weit überwiegend selbst sichern. Nach fünf Jahren ist ihre Niederlassung möglich, wenn sie hinreichende deutsche Sprachkenntnisse besitzen und ihren Lebensunterhalt überwiegend selber sichern. Darüber hinaus müssen Flüchtlinge zum Beispiel über ausreichenden Wohnraum verfügen und Grundkenntnisse der deutschen Rechts- und Gesellschaftsordnung nachweisen, die sie in einem Integrationskurs erwerben können.

Wie die IAB-BAMF-SOEP-Befragung von geflüchteten Menschen aus dem Jahr 2020 zeigt, verfügen Frauen seltener als Männer über die geforderte Deutschkompetenz: 18 Prozent der Frauen und 30 Prozent der Männer verfügten über ein entsprechendes Zertifikat, das sie in einem Deutschtest nach Abschluss einer Integrationsmaßnahme erworben hatten. Unter den Frauen mit minderjährigen Kindern im Haushalt waren es 17 Prozent – im Vergleich zu 23 Prozent der Frauen ohne solche Kinder. Außerdem waren Frauen (10 Prozent) deutlich seltener erwerbstätig als Männer (38 Prozent) – in der Regel die Voraussetzung für die Sicherung des eigenen Lebensunterhalts. Männer waren darüber hinaus weitaus häufiger in regulärer Voll- oder Teilzeit erwerbstätig als Frauen (26 versus 5 Prozent). Verheiratete Mütter waren mit 7 Prozent besonders selten erwerbstätig.

Förderung für weibliche Geflüchtete

So sind es vor allem Mütter und unverheiratete Frauen, die Schwierigkeiten beim Übergang in den unbefristeten Aufenthaltstitel haben dürften. Um die Chancen weiblicher Flüchtlinge auf die unbefristete Niederlassung zu erhöhen, sollte aus Sicht des IAB zumindest über eine rechtliche Härtefallregelung nachgedacht werden. Diese würde den Ausländerbehörden Entscheidungsspielräume eröffnen, um besondere Lebensumstände wie den Verlust des Partners oder die alleinige Sorge um Kinder oder Pflegebedürftige berücksichtigen zu können. Hilfreich wäre es auch, weibliche Flüchtlinge stärker zu fördern, etwa durch die Jobcenter. So sollten unverheiratete Frauen ohne Kinder durch Jobcenter und Beratungsstellen bei ihrer Integration in existenzsichernde Erwerbsarbeit unterstützt werden, etwa durch berufliche Beratung, Qualifizierungsmaßnahmen sowie Coaching im Bewerbungsprozess und in der beruflichen Einstiegsphase.

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