02.06.2023 | Redaktion | Stiftung Kindergesundheit

Hilfesysteme sind überlastet

Empfehlungen der Stiftung Kindergesundheit zur Stärkung seelischer Gesundheit

Rund 18 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind nach Erkenntnissen der Stiftung Kindergesundheit psychisch auffällig. Fünf Prozent der Heranwachsenden haben sogar eine behandlungsbedürftige psychische Krankheit. Unterstützung ist nur schwer zu finden: Die Wartezeit für einen Therapieplatz dauert durchschnittlich 25 Wochen. Anlässlich der europäischen "Mental Health Week" im Mai veröffentlichte die Stiftung gemeinsam mit Expertinnen und Experten Empfehlungen zur Stärkung der seelischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.

Klick zum VergrößernBild: Stiftung Kindergesundheit

Bei einer Veranstaltung in München hatte die Stiftung Kindergesundheit mit den Expertinnen und Experten die aktuelle Situation besprochen und mögliche Lösungsansätze diskutiert. Die Analyse ergab: Die Folgen der Corona-Pandemie haben noch immer gravierende psychische Auswirkungen bei Kindern und Jugendlichen. Gleichzeitig gibt es einen Mangel an Fachkräften und an Therapieplätzen. "Das Bildungssystem, das Gesundheitssystem und die Jugendhilfe sind überlastet", stellt die Kinderärztin Monika Reincke vom Gesundheitsbeirat der Landeshauptstadt München fest. Lange Wartezeiten auf einen Therapieplatz bergen die Gefahr, dass psychische Probleme zu chronischen Krankheiten anwachsen. "Im stationären Bereich sehen wir dann die schweren Fälle", konstatiert Katharina Bühren, ärztliche Direktorin der kbo-Heckscher-Klinik und Vorstandsmitglied der Stiftung Kindergesundheit.

Niedrigschwellige wohnortnahe Prävention

Aus Sicht der Expertinnen und Experten ist es dringend nötig, über psychische Krankheiten aufzuklären und Frühinterventionen zu stärken. Prävention müsse niederschwellig da ansetzen, wo Kinder und Jugendliche sind: In der Kita, in der Schule, in den Familien. So müsse es in jeder Schule eine Anlaufstelle geben, an die sich Kinder und Jugendlicher in seelischer Not wenden können. Auch internetbasierte Programme und Gruppenprojekte könnten helfen. Letztlich müsse die Politik den Ernst der Lage erkennen und dauerhaft Mittel zur Verfügung stellen.

Bei der Veranstaltung erarbeiteten die Expertinnen und Experten weitere konkrete Empfehlungen zur Stärkung der seelischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen:

  • Rechtzeitige kinder- und jugendpsychiatrische beziehungsweise psychotherapeutische Diagnostik und Intervention für psychisch auffällige Kinder und Jugendliche, um zu verhindern, dass sich ernsthafte psychische Störungen entwickeln
  • Förderung dauerhafter psychosozialer, psychotherapeutischer und psychiatrischer Angebote mit niedrigschwelliger schulischer Anbindung sowie erweiterter Jugendhilfemaßnahmen in besonders belasteten Wohnquartieren
  • Massive Investitionen in sozialpädagogische Fachkräfte und Schulpsychologinnen und -psychologen
  • Ausbau evidenzbasierter Maßnahmen und Programme zur primären und sekundären Prävention psychischer Störungen und Erkrankungen
  • Verbesserung der Gesundheitskompetenz von Kindern und Jugendlichen durch eine Behandlung des Themas "mentale Gesundheit" im Lehrplan

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