12.06.2023 | Redaktion | DIW Berlin

Frauen fassen langsam Fuß

Studie des DIW Berlin zur Arbeitsmarktintegration geflüchteter Frauen

Frauen mit Fluchthintergrund haben es schwer auf dem Weg in den Arbeitsmarkt, fassen dort aber immer besser Fuß. Ihre Erwerbsbeteiligung steigt langsam, liegt aber weiter auf einem niedrigen Niveau. Das geht aus einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) hervor. Die Studienautorin Adriana Cardozo hat dafür Befragungen von Geflüchteten ausgewertet, die das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB), das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) im DIW Berlin vorgenommen haben.

Klick zum VergrößernGrafik: DIW Berlin

Befragt wurden geflüchtete Frauen, die zwischen 2013 und 2019 und damit auch zum Höhepunkt der Fluchtmigration 2015 nach Deutschland gekommen waren. Gaben 2017 fünf Prozent von ihnen an, einer bezahlten Beschäftigung nachzugehen, waren es 2020 bereits knapp 13 Prozent. "Für geflüchtete Frauen ist es nach wie vor sehr schwierig, einen Arbeitsplatz zu finden", erläutert Adriana Cardozo. "Zu den Bremsfaktoren gehören das im Vergleich zur deutschen Bevölkerung geringere Bildungsniveau sowie mangelnde Deutschkenntnisse. Erschwerend hinzu kommen traditionelle Geschlechterrollen." Die meisten der befragten Geflüchteten stammen aus Syrien, Afghanistan, Irak, Iran und Eritrea – Ländern, in denen eher traditionelle Familienbilder vorherrschen.

"Bei den geflüchteten Frauen liegt ein ungenutztes Arbeitskräftepotenzial." - Adriana Cardozo, DIW Berlin

 

Frauen mit Fluchthintergrund haben oftmals einen nur geringen Bildungsabschluss sowie keine oder nur geringe Berufserfahrung. Geflüchtete Männer verfügen zumeist über ein höheres Bildungsniveau und mehr berufliche Praxis. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Sprachkenntnissen: Geflüchtete Männer sprechen meistens besser Deutsch, weil sie mehr Zeit mit Sprachkursen verbringen konnten. Frauen können die Kursangebote hingegen oft nicht nutzen, etwa weil es zu wenig Betreuungsangebote für ihre Kinder gibt. Später sind es dann auch eher die Männer, die zur Arbeit gehen und am Arbeitsplatz durch mehr soziale Kontakte ihre Sprachkompetenz verbessern. "Ein ermutigendes Zeichen ist aber", so Adriana Cardozo, "dass sich die Zahl der jungen Frauen in Bildungsprogrammen über die Jahre von 5,3 Prozent auf 17 Prozent mehr als verdreifacht hat. Auch die Zahl der Frauen mit mittleren und guten Sprachkenntnissen wächst stetig."

Betreuungsmöglichkeiten verbessern

Genau hier setzt die Empfehlung der Studienautorin an: "Bei den geflüchteten Frauen liegt ein ungenutztes Arbeitskräftepotenzial", bilanziert Cardozo. "Auch Frauen mit Fluchterfahrung können einen Beitrag leisten, den Arbeitskräftemangel in Deutschland zu beheben." Voraussetzung dafür sei der Ausbau bestehender Integrations- und Sprachprogramme, die zudem mehr auf die Bedürfnisse der Frauen zugeschnitten werden und etwa Betreuungsmöglichkeiten für Kinder stärker berücksichtigen müssten. Dies sei auch mit Blick auf die zahlreichen geflüchteten Frauen mit Kindern aus der Ukraine sinnvoll, die seit 2022 nach Deutschland kämen – zumeist ohne Begleitung ihrer Partner.

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