15.11.2021 | Redaktion | Bertelsmann Stiftung

Fachkräftemangel größer als erwartet

Umfrage der Bertelsmann Stiftung bei deutschen Unternehmen

Schon im vergangenen Jahr gingen viele deutsche Unternehmen davon aus, dass ihnen 2021 Fachkräfte fehlen werden. Wie eine Analyse der Bertelsmann Stiftung zeigt, hat sich die Lage seither noch weiter verschärft. Fachkräftezuwanderung kann dazu beitragen, das Problem zu mildern. Allerdings setzen nur 16 Prozent der befragten Unternehmen auf die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland. Eine viel größere Rolle spielen die Ausbildung im eigenen Betrieb, gute Modelle zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Weiterbildungsmöglichkeiten.

Bild: Daniel Ernst/Adobe Stock

In einer aktuellen Civey-Umfrage im Auftrag der Stiftung mit einer Stichprobe von 7.500 Befragten gaben zwei Drittel (66 Prozent) an, dass bei ihnen momentan Fachkräfteengpässe bestehen. Ende 2020 hatte etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen (54 Prozent) die Erwartung geäußert, dass ihnen in diesem Jahr Personal fehlen wird.

Die Lage unterscheidet sich je nach Branche, Region, Berufsbild und Qualifikation. Insbesondere fällt auf, dass die Fachkräftelücke bei Personen mit abgeschlossener Berufsausbildung am größten ist: 48 Prozent der befragten Unternehmen berichten hier von einem Mangel, während nur 27 Prozent über fehlende Akademikerinnen und Akademiker klagen. Mit Blick auf die Branchen zeigt sich, dass der Pflegebereich sowie der Gesundheitssektor insgesamt besonders stark vom Fachkräftemangel betroffen sind. Regional betrachtet, bestehen Engpässe in allen Bundesländern. Etwas stärker fallen sie in Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen aus, tendenziell weniger ausgeprägt sind sie in Berlin, Bremen und im Saarland.

Hürden bei der Gewinnung von Fachkräften aus dem Ausland

Die Zurückhaltung vieler Unternehmen bei der Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland hat verschiedene Gründe. Am häufigsten führen die Unternehmen sprachliche Barrieren, die schwierige Einschätzung ausländischer Qualifikationen sowie falsche Vorstellungen der Bewerberinnen und Bewerber an. Zwar lassen die Daten erkennen, dass es im Vergleich zur Vorjahresumfrage leichte Verbesserungen auf diesen Gebieten gibt. Aber: "Hürden zur Gewinnung ausländischer Fachkräfte bestehen trotz erheblicher Fortschritte weiterhin", sagt Matthias Mayer, Autor des Policy-Briefs der Bertelsmann Stiftung zum Fachkräfteengpass.

Dabei bietet das Anfang 2020 verabschiedete Fachkräfteeinwanderungsgesetz aus Sicht des Experten eine gute Grundlage. Es komme entscheidend darauf an, die darin verankerten Instrumente endlich konsequent und praxistauglich umzusetzen – beispielsweise im Ausland erworbene Kompetenzen nachvollziehbarer zu machen und einfacher anzuerkennen: "Gerade die hohe Nachfrage nach Arbeitskräften mit abgeschlossener Ausbildung zeigt: Deutschland sollte die Möglichkeiten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes noch besser nutzen, um sich viel gezielter um ausländische Fachkräfte mit mittlerer Qualifikation für diejenigen Branchen bemühen, in denen der Mangel besonders groß ist." Einen wesentlichen Beitrag hierzu könnten Ausbildungspartnerschaften zwischen der Bundesrepublik und anderen Ländern liefern.

Weitere Informationen