11.03.2021 | Redaktion

Corona-Probleme bewältigt

Studie: Gutes Krisenmanagement von Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit

Ein großer Teil der Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit in Nordrhein-Westfalen hat die problematischen Folgen der Corona-Pandemie offenbar gut bewältigt. Sie waren im Lockdown sehr schnell in der Lage, auf andere Kommunikationsmedien und -orte umzuschalten. Etwas leichter fiel die Umstellung auf digitale Alternativen tendenziell Einrichtungen in freier Trägerschaft. Dies zeigt der erste Zwischenbericht zum Forschungsprojekt "Neustart der Offenen Kinder- und Jugendarbeit in NRW in der Corona-Zeit". Für die nicht repräsentative Studie wurden pädagogische Fachkräfte befragt.

Analoge Alternative: Besuch zu Hause (Bild: Docking Station, Burg)

Die Befragungen wurden von Juni bis Oktober 2020 durchgeführt. Die Autoren der Studie, Ulrich Deinet (Hochschule Düsseldorf) und Benedikt Sturzenhecker (Universität Hamburg), zeigen zwar, dass es den meisten Einrichtungen gelang, in den digitalen und analogen Sozialräumen ausreichend Kontakt und Kommunikation zu einem Großteil der Jugendlichen aufrecht zu erhalten – aber eben auch, dass ihnen dies bei Zielgruppen mit schlechterer digitaler Ausstattung "nicht beziehungsweise nicht im gewünschten Ausmaß" glückte. Verschlechtert hat sich aus Sicht der Fachkräfte beispielsweise die Situation der Kinder und Jugendlichen mit Flucht- und Migrationshintergrund und in finanziellen Notlagen. Beiden fehlten technische und soziale Ressourcen.

Digitale Medien, Partizipation und Selbstorganisation

In der Auswertung der Befragungen stellen die Autoren fest, dass unter den Bedingungen von Schließungen und beschränkter Offenheit drei Arbeitsprinzipien wichtig für die Krisenbewältigung sind – und ihnen darüber hinaus bei der dringend notwendigen Weiterentwicklung helfen: Durch die Nutzung digitaler Medien erhielten viele Einrichtungen einen Schub, der ihnen aus ihrer Sicht dazu verhalf, endlich auch in der hybriden Welt der Kinder und Jugendlichen anzukommen, die soziale Aktivitäten in direktem persönlichen Kontakt mit digitaler Kommunikation kombiniert. Die Corona-Krise könne auch eine Stärkung der Partizipation zur Folge haben. Schließlich forderten Kinder und Jugendliche selbst mehr demokratische Mitbestimmung ein: "Die Kinder und Jugendlichen wollen, dass sie in ihren Institutionen, Kommunen, Öffentlichkeiten und in der Gesellschaft insgesamt deutlicher ihre Stimme erheben können, gehört werden und an Diskursen und Entscheidungen beteiligt werden."

Nicht zuletzt biete die Krise auch die Chance der Stärkung der Selbstorganisation. Das liege zum einen daran, dass das Zentrum professioneller Tätigkeit nicht nur wie zuvor im offenen Bereich stattfinden konnte, sondern zusätzlich auch im analogen Sozialraum, im digitalen Raum und in Gruppenarbeit. "Da die Fachkräfte nicht in allen vier Settings gleichzeitig sein können, müssen sie Möglichkeiten schaffen, dass nicht nur Honorarkräfte, sondern auch Kinder und Jugendliche selbst Angebote weitestgehend selbst organisieren und verantworten."

Beziehungsarbeit gestärkt

Nach dem ersten Lockdown bescheinigen die Autoren den Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit eine erfolgreiche Öffnung unter Ausnutzung der aktuellen Regelungen. Auch wenn die Frage der Sicherheit der Fachkräfte natürlich vorrangig sei, sei es nötig, Regelungen auch bis zur Grenze auszureizen. Dies zeigten etwa Beispiele von Einrichtungen, die ihre Angebote als Sportangebote definieren und so mehr Jugendliche erreichen konnten. Entscheidend sie die Beziehungsarbeit: "Die Bedeutsamkeit der Beziehungen zwischen Fachkräften, Kindern und Jugendlichen wurde durch die Corona-Krise deutlich gestärkt und die Beispiele aus der Praxis zeigen auch, dass Beziehungsarbeit auch mit digitaler Kommunikation und in virtuellen Räumen begrenzt möglich ist."

Nicht zuletzt sei die mobile, aufsuchende Arbeit durch die Corona-Krise gestärkt worden - oft als die einzige Möglichkeit, den Kontakt zu halten. Dies müsse auch in Zukunft weiter ausgebaut werden. Es sei nicht erstrebenswert, zurück in die Einrichtungen zu gehen, sondern den Dreiklang zwischen mobiler Arbeit im öffentlichen Raum, der Arbeit in der Einrichtung und der Arbeit mit digitaler Kommunikation anzustreben.

Die Studie zur Offenen Kinder- und Jugendarbeit soll auch in diesem Jahr fortgesetzt werden. Geplant sind eine landesweite Befragung von Einrichtungen mit einem Online-Fragebogen sowie weitere leitfadengestützte Interviews mit Fachkräften.

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