14.11.2022 | Redaktion | IAQ

Berufsorientierung im digitalen Wandel

Studie des IAQ zeigt Herausforderungen und Perspektiven

Die Corona-Pandemie hat bei freien Trägern der Jugendhilfe einen Digitalisierungsschub ausgelöst. Eine Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) an der Universität Duisburg-Essen beschäftigt sich damit, wie die dabei gewonnenen Erfahrungen für die Entwicklung und Implementierung von systematischen Strategien des digitalen Wandels in der Berufsorientierung genutzt werden können. Ein Ergebnis: Digitale Lösungen können Präsenzangebote nicht ersetzen, aber vorbereiten, ergänzen und individuell erweitern. Wichtig ist es, an der digitalen Lebenswelt junger Menschen anzusetzen.

Bild: geralt/Pixabay

Die pandemiebedingten Herausforderungen für freie Träger der Jugendhilfe hatten und haben unterschiedliche Dimensionen: So galt es zunächst einmal, die wechselseitige Erreichbarkeit mit den jungen Menschen sicherzustellen. Bei der Umstellung auf digitale Jugendhilfe-Formate mussten oft erst die Voraussetzungen für den erfolgreichen Einsatz digitaler Medien geschaffen werden. Diese Notwendigkeit besteht bis heute. Die Umstellung auf digitale Angebotsformen stellte freie Träger der Jugendhilfe vor die Herausforderung, Medienkompetenzen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu schulen. Im Bereich der berufsorientierenden Inhalte war der Ausfall von Praktika die größte Herausforderung. Nicht zuletzt mangelt es bei psychosozialen Problemen junger Menschen an einer ausreichenden Versorgungsstruktur mit therapeutischen Maßnahmen.

Die Ergebnisse der Studie, die Auswertung von Praxisbeispielen sowie die Debatten in einem themenbezogenen Dialogforum des IAQ führen zu zehn abschließenden Thesen, die aufzeigen, welche Weiterentwicklungspotenziale der Digitalisierung die Autorinnen und Autoren sehen und wie sie sich eine verstärkte Nutzung in der alltäglichen Arbeit mit Jugendlichen vorstellen können. So sehen sie digitale Angebote zwar als eine gute Ergänzung zu analogen Angeboten, aber nicht als vollständigen Ersatz: "Ein Teil der neuen Kommunikationsformen hat sich bewährt und sollte in Zukunft beibehalten werden." Für die Zukunft sei davon auszugehen, dass die Bereitstellung und Weiterentwicklung digitaler Angebote mehr personelle und finanzielle Ressourcen erforderlich machen.

Orientierung an der Lebenswelt junger Menschen

Die Autorinnen und Autoren sehen die digitale Transformation in der Jugendhilfe nicht nur als eine Qualifizierungsaufgabe, sondern auch als eine Organisationsaufgabe, die in ganzheitlichen Konzepten auf allen Akteursebenen gedacht und gestaltet werden muss. Da an der beruflichen Orientierung von Jugendlichen sowie der Vorbereitung und Begleitung von Übergängen unterschiedliche Akteure beteiligt seien, komme den Kommunen dabei eine Koordinierungsfunktion zu.

Entscheidend für die Frage, ob Jugendliche über digitale Angebote erreicht werden, sei die Orientierung der Angebote an ihrer Lebenswelt: "Es geht darum, die Zielgruppen da abzuholen, wo sie sich befinden." Andernfalls bestehe das Risiko, Angebote zu schaffen, die an den Jugendlichen vorbeigehen. Besonders für sozial benachteiligte Jugendliche sehen die Autorinnen und Autoren zudem die Notwendigkeit, die digitale Ausstattung über geeignete Leihgeräte zu unterstützen und hinreichende Zugangsmöglichkeiten zum WLAN bereitzustellen. Die jungen Menschen benötigten auch eine besondere Unterstützung bei der Medienkompetenz, etwa bei der kritischen Reflexion der Nutzungsmöglichkeiten digitaler Medien und bei der kritischen Bewertung von Informationen. Hier müssten so weit wie möglich auch die Eltern einbezogen werden.

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