24.06.2021 | Redaktion

Am Ende der Geduld

Studie untersuchte aktuelle Situation Jugendlicher in der Corona-Pandemie

Die Unzufriedenheit nimmt zu, die Bereitschaft, sich solidarisch zu verhalten, nimmt ab – nach 15 Monaten Corona-Pandemie sind immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene aus Sicht der Jugendforscher Klaus Hurrelmann und Simon Schnetzer am Ende ihrer Geduld. Zwar sehen die Autoren einer Sonderauswertung der Studie "Junge Deutsche 2021" bei ihnen noch immer eine hohe Bereitschaft, sich etwa an die AHA-Regeln zu halten, doch ließ sie im Vergleich zum Herbst 2020 um sieben Punkte von 73 auf 66 Prozent nach.

Ausschnitt aus der Titelseite der Sonderstudie "Jugend und Corona in Deutschland"

Auch die Bereitschaft, sich gegenüber Gleichaltrigen und Familienmitgliedern rücksichtsvoll zu verhalten, ist von 69 auf 61 Prozent gesunken. "Der Rückgang an Disziplin ist kein Zeichen von abnehmender Solidarität, sondern ein Hilferuf", sagt Studienleiter Simon Schnetzer, "Jugendliche wägen das Risiko von Regelverstößen gegen psychische Schäden ab, um endlich wieder Spaß im Leben zu haben." Jugendliche lehnen pauschale Verbote zunehmend ab und wünschen sich nachvollziehbare und auf die jeweilige Situation bezogene Vereinbarungen, an denen sie beteiligt werden. Sie bewerten auch die Rangfolge beim Impfen skeptisch: "Die jungen Menschen sehen mit großer Irritation, dass ältere Bevölkerungsgruppen ihr Alltagsleben bereits wieder normal gestalten können und empfinden die Rechte für Geimpfte als große Ungerechtigkeit, solange sie kein Impfangebot bekommen haben", so Mit-Autor Klaus Hurrelmann.

Psychische Belastung

Die größte Belastung durch die Corona-Pandemie erleben junge Menschen dadurch, dass sich für 53 Prozent die psychische Gesundheit verschlechtert hat und 48 Prozent das Gefühl haben, die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren. Die Zielgruppenanalysen zeigen, dass Jugendliche und Studierende darunter leiden, dass Schulen und Hochschulen keine geeigneten Strukturen für den Digitalunterricht angeboten haben. Das Gefühl, die wichtigsten Parameter für die Gestaltung des eigenen Lebens nicht mehr selbst in der Hand zu haben, führt zu einer hohen Belastung im psychischen Wohlbefinden.

Die befragten 14- bis 29-Jährigen erwarten jetzt konkrete Entscheidungen, wie sie ihre Freiheiten schrittweise zurückgewinnen können und in die Impfangebote einbezogen werden. Nach Einschätzung der Autoren sollten alle diese Entscheidungen nicht über die Köpfe der jungen Leute hinweg gefällt, sondern möglichst mit ihrer direkten Beteiligung beraten und beschlossen werden. Die Jugend brauche jetzt ein deutliches Signal, dass ihre schwierige Situation politisch beachtet wird. Ansonsten sei mit Protesten und politischer Unzufriedenheit zu rechnen.

  • Blog des Mit-Autors Simon Schnetzer
    Die Sonderstudie "Jugend und Corona in Deutschland" basiert auf einer repräsentativen Online-Befragung der deutschsprachigen Bevölkerung im Alter von 14 bis 29 Jahren.