29.10.2018 | Redaktion

Handwerk attraktiver machen

BIBB-Report präsentiert Ergebnisse einer Befragung

Von 2009 bis 2017 hat sich die Zahl der unbesetzten Lehrstellen im Handwerk verdreifacht. In manchen Regionen und Berufen blieb zuletzt jeder fünfte Ausbildungsplatz offen. Die Ursachen dafür sind bekannt: Neben der demografischen Entwicklung geht es vor allem darum, dass immer mehr Jugendliche studienberechtigt sind, während deutlich weniger über einen Hauptschulabschluss verfügen. Wie Handwerksberufe attraktiver gemacht werden können, insbesondere auch für Jugendliche mit höheren Schulabschlüssen, untersuchte das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB).

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Die Ergebnisse einer Befragung von Schülerinnen und Schülern sowie von Ausbildungspersonal in den Betrieben stellen Till Mischler und Joachim Gerd Ullrich in der neuen Ausgabe des BIBB-Reports vor. Dabei untersuchten sie, wie Jugendliche das Handwerk wahrnehmen und welche Faktoren für eine Affinität zu Handwerksberufen entscheidend sind. Dabei zeigt sich, dass die soziale Herkunft und die Bildungserwartungen des sozialen Umfelds besonders wichtig sind. Entscheidend sind vor allem die Anknüpfungspunkte der Eltern zum Handwerk: Je mehr diese vorhanden sind, desto eher sind auch die Jugendlichen bereit, eine Handwerksausbildung in Betracht zu ziehen.

Umgekehrt gilt: Je stärker die Erwartungen der Eltern an ihre Kinder auf Abitur und Studium gerichtet sind, desto weniger werden diese eine Ausbildung in Betracht ziehen – und umso weniger wissen sie auch über Handwerksberufe. Jugendliche, die ein pauschal negatives Bild vom Handwerk haben, nehmen die Besonderheiten und Vorzüge von Handwerksberufen nicht wahr, insbesondere aber bringen sie diese nicht mit den eigenen Zielen für das Berufsleben zusammen: eine anerkannte soziale Identität und eine möglichst abwechslungsreiche Tätigkeit.

Berufsorientierung allein genügt nicht

Um Handwerksberufe für Jugendliche attraktiver zu machen, reichen berufsorientierende Maßnahmen aus Sicht der Autoren nicht mehr aus. Sie erwägen deshalb eine Reihe von Maßnahmen, die dem Handwerk zu neuer Attraktivität verhelfen sollen: So etwa die Erweiterung des Fächerkanons an den Schulen um ein Fach, in dem gestalterische und handwerkliche Fähigkeiten gelehrt werden könnten und den Abbau von Signalen vermeintlicher Ungleichwertigkeit von hochschulischer und beruflicher Bildung, zum Beispiel die Umwandlung von Studierendenwohnheimen in Bildungswohnheime und die Einführung von Azubi-Tickets analog zu den bestehenden Semestertickets.

Um die Handwerksausbildung attraktiver zu machen, sind nach Auffassung der Autoren auch umfassendere Verbesserungen bei den Ausbildungsbedingungen, den Weiterbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten und bei der Bezahlung nötig. Nicht zuletzt schlagen sie einen intensivierten Einsatz von Auszubildenden als „Ausbildungsbotschafter/-innen“ vor, die in den Schulen über ihre Ausbildungsmotive, -erfahrungen und weiteren beruflichen Pläne berichten, um Schülerinnen und Schüler davon zu überzeugen, ihre berufliche Perspektive im Handwerk zu suchen.