09.03.2010

Teil der Lösung oder Teil des Problems?

Die Rolle freier Träger im Lokalen Übergangsmanagement

von Ragna Melzer

Immer mehr Kommunen greifen das Konzept des Lokalen Übergangsmanagements auf und setzen es gemeinsam mit den lokalen Akteuren um. Viele freie Träger drohen nun zum Opfer der damit verbundenen, überaus dynamischen Prozesse zu werden. Immer öfter haben sie das Gefühl, dass diese - von ihnen selbst geforderten - Entwicklungen systematisch an ihnen vorbei gehen und sie schlichtweg den Anschluss verpassen. Aber wie können sie auf diese massiven Umbrüche reagieren?

Seit Jahren fordern die freien Träger der Jugendsozialarbeit eine bessere Abstimmung der Aktivitäten und Angebote vor Ort, um allen jungen Menschen einen erfolgreichen Start ins Berufsleben zu ermöglichen. Inzwischen gilt das Konzept des Lokalen Übergangsmanagements als tragfähiger Ansatz, um diesem Anspruch gerecht zu werden. Dies führt dazu, dass sich die Angebots- und Kooperationsstrukturen am Übergang Schule-Beruf grundlegend verändern.

Wollen freie Träger auch in Zukunft kompetent und erfolgreich in diesem Bereich agieren, haben sie nur eine einzige Chance: Sie müssen ihre eigene Rolle kritisch hinterfragen und ihre Aktivitäten konsequent an den Problemlösungsansätzen vor Ort ausrichten. Doch das ist leichter gesagt als getan, denn freie Träger finden sich derzeit in einem Dilemma wieder, das von einer diffusen und teilweise widersprüchlichen Selbst- und Fremdwahrnehmung bestimmt ist.

So werden freie Träger oftmals, und vielleicht auch nicht ganz unberechtigt, als Teil des Problems wahrgenommen, weil

  • sie unter enormen Konkurrenz-, Kosten- und Leistungsdruck stehen und sich auch dementsprechend verhalten,
  • sie nur kooperieren, wenn es unbedingt notwendig ist und dann auch nur das tun, was sich rechnet,
  • sie aufgrund instabiler Trägerstrukturen nur begrenzt in längerfristige Veränderungen einzubinden sind und
  • jede Entscheidung für einen Träger 'Begehrlichkeiten' bei anderen nach sich zieht.

Ließe man dies so stehen, würde man die definitiv vorhandenen Potentiale freier Träger für die Gestaltung der Übergänge Schule-Beruf bewusst ausblenden. Freie Träger müssen sich deshalb deutlich stärker als Teil der Lösung ins Gespräch bringen und ihren 'Mehrwert' offensiver deutlich machen. Dies können sie auch guten Gewissens tun, weil sie

  • Erfahrungen mit und Wissen über (benachteiligte) junge Menschen haben,
  • über eine umfassende Fach- und Methodenkompetenz verfügen,
  • flexibel, innovativ und kreativ sind und konzeptionelle Stärke mit wirtschaftlichem Denken vereinen,
  • in funktionierenden Netzwerken arbeiten und erfolgreich mit Schulen und Unternehmen kooperieren und
  • soziale Probleme öffentlich machen, politische Zugänge haben und sich auf Dauer in das Gemeinwesen einbinden.

Zugespitzt lässt sich die Herausforderung für die freien Träger so formulieren: Sie müssen sich kritisch mit den veränderten Anforderungen und den eigenen Perspektiven am Übergang Schule-Beruf auseinandersetzen und ihr Engagement konsequent an lokalen Problemlösungsansätzen ausrichten. Sie müssen ihre Netzwerkarbeit professionalisieren und ihre Angebote auf einem hohen fachlichen Niveau weiterentwickeln. 'Last but not least' müssen sie ihren sozialpolitischen Auftrag endlich wieder ernst nehmen und sich nicht auf die - manchmal vielleicht auch ganz bequeme - Rolle des Dienstleisters reduzieren (lassen).