08.08.2025 | Redaktion | Universität Siegen
Herkunft schlägt Leistung
Studie weist Diskriminierung bei Bewerbung um Ausbildungsplätze nach
Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz erhalten deutlich häufiger eine Rückmeldung auf ihre Anfrage, wenn sie einen deutsch klingenden Namen haben. Junge Menschen mit Migrationshintergrund werden dagegen oft aussortiert, auch wenn sie gut qualifiziert sind. Das konnte ein Forschungsprojekt der Universität Siegen nachweisen, das fiktive E-Mail-Anfragen an Unternehmen verschickt hatte, die Ausbildungsplätze anbieten. Die Forschenden konnten zudem ein Ranking erstellen, das die Benachteiligung in Abhängigkeit von der vermuteten Nationalität aufzeigt.
Das Forschungsprojekt "Field experimental evidence on hiring discrimination in the German apprenticeship market" der Universität Siegen hat untersucht, wie sich deutsche und ausländische Namen auf die Rückmeldequote bei Ausbildungsanfragen auswirken. Zwischen 2022 und 2025 verschickten die Forschenden 50.000 fiktive E-Mail-Anfragen von gut qualifizierten Schülerinnen und Schülern, die kurz vor dem Realschulabschluss stehen, an ausbildende Betriebe. Ihre Namen deuteten dabei entweder auf einen deutschen Hintergrund oder auf einen Migrationshintergrund hin.
Die Auswertung zeigte eine klare Diskriminierung: Deutsch klingende Namen erhielten deutlich häufiger eine Antwort als beispielsweise Ivan Smirnov, Ariel Rubenstein, Yusuf Kaya oder Habiba Mahmoud. Innerhalb der nicht-deutsch klingenden Namen zeigte sich ebenfalls eine Rangfolge: Russische Anfragende erhielten die meisten Antworten, gefolgt von Personen mit hebräischen, türkischen und arabischen Namen. Bei arabischen Namen lag die Rückmeldequote nur bei 36 Prozent, während sie bei deutschen Namen bei 67 Prozent lag. Leistungsmerkmale wie Schulnoten, Bildungsabschluss oder Praktikumserfahrungen hatten scheinbar keinen Einfluss auf die Rückmeldung.
Befürchteter Mehraufwand bei Migrationshintergrund
Im Anschluss an die Erhebung wurde eine repräsentative Arbeitgeberbefragung mit 772 Unternehmen durchgeführt, um deren Erfahrungen mit Bewerberinnen und Bewerbern mit Migrationshintergrund zu erfassen. Die Forschenden stellten fest, dass Betriebe einen erheblichen Mehraufwand befürchten, wenn sie Personen mit Migrationshintergrund einstellen. Dieser zusätzliche Aufwand umfasst beispielsweise finanzielle und personelle Ressourcen für den Abbau von Sprachbarrieren, die Bewältigung bürokratischer Hürden sowie den Umgang mit Behörden.
Das Ergebnis der Studie zeigt eine Gefahr für den Arbeitsmarkt auf, die den Fachkräftemangel verstärkt: Einerseits bleiben Ausbildungsplätze unbesetzt, andererseits werden Anfragen von gut qualifizierten Bewerbern mit ausländisch klingenden Namen häufig ignoriert.
"Wir können es uns nicht leisten, Potenziale zu verschwenden." - Prof. Dr. Ekkehard Köhler, Studienleiter
Daher sollten Ausbildungsbetriebe ihre eigenen Entscheidungsmuster und stereotypischen Einschätzungen kritisch hinterfragen. Gleichzeitig empfehlen die Forschenden, dass die Politik durch Bürokratieabbau die Hürden für die Betriebe senken sollte.