22.10.2025 | Redaktion | Paritätische Forschungsstelle
Wachsende Armutslücke
Expertise der Paritätischen Forschungsstelle zur Grundsicherung
Die Leistungen der Grundsicherung liegen kaufkraftbereinigt seit Mitte der 1990er Jahre auf einem stagnierenden Niveau. Während die Einkommen anderer Haushalte im Durchschnitt um 30 Prozent gestiegen sind, sind Bürgergeldbeziehende vom allgemeinen Wohlstandszuwachs abgekoppelt. Dies zeigt eine Expertise der Paritätischen Forschungsstelle. Die Leistungen reichen demnach nicht aus, um die Armutsgrenze zu überschreiten. 2023 lag der durchschnittliche Bedarf bei 907 € monatlich, während die Armutsschwelle bei 1.381 € lag – eine Lücke von 474 €. Diese "Armutslücke" ist seit 2010 kontinuierlich gewachsen.
Rund die Hälfte der Bürgergeldbeziehenden kann grundlegende Bedarfe nicht decken. So können 86,6 Prozent der Bürgergeld-Beziehenden keine unerwarteten Ausgaben finanzieren. 55,4 Prozent geben an, kaputte Möbel nicht ersetzen zu können und 32,1 Prozent geben an, nicht mit Bekannten gemeinsam essen und trinken zu können. Auch nach den Erhöhungen der Leistungen bleibt die Lebenslage prekär.
Die Expertise kommt zu dem Schluss, dass das Bürgergeld keinen hinreichenden Schutz vor Armut bietet und die UN- und EU-Vorgaben – Sustainable Development Goals (SDGs), also Ziele für nachhaltige Entwicklung, EU-Empfehlung zur Mindestsicherung – verfehlt werden: "Die Grundsicherung deckt zwar das nackte Überleben, sichert aber weder soziale Teilhabe noch ein würdevolles Leben." Die Nullrunden in den Jahren 2025 und 2026 würden die Lebensbedingungen der Betroffenen weiter verschlechtern.
"Armut kann und muss bekämpft werden." - Andreas Aust, Autor der Expertise
Der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert daher eine strukturelle und dauerhafte Anhebung der Regelbedarfe, um Armut systematisch zu vermeiden und die wachsende soziale Ungleichheit zu bekämpfen: "Einkommensarmut kann mit den Mitteln der Politik systematisch vermieden werden. Es muss dafür allerdings der politische Wille gegeben sein."