29.09.2025 | Redaktion | Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb)
Armut junger Menschen in Deutschland
Hintergründe und Folgen im Fakten- und Lebenslagencheck
In Deutschland sind rund drei Millionen Kinder und Jugendliche von Armut bedroht – mit gravierenden Folgen für Bildung, Gesundheit und gesellschaftliche Teilhabe. In einem Beitrag für die Zeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte" (APuZ) beleuchtet die Armutsforscherin Irina Volf, warum Kinder- und Jugendarmut ein strukturelles Problem ist, welche Risikofaktoren eine Rolle spielen und was getan werden muss, um allen jungen Menschen faire Chancen zu ermöglichen. Ihr Beitrag lädt dazu ein, eigene Vorstellungen von Armut kritisch zu hinterfragen.
Die wachsende Kinder- und Jugendarmut in Deutschland ist ein tiefgreifendes gesellschaftliches Problem, jedoch bleibt sie im Gegensatz zur Altersarmut weniger sichtbar und wird in der öffentlichen Wahrnehmung oft unterschätzt, so die Armutsforscherin Irina Volf. Dies hat nicht nur weitreichende Folgen für die Betroffenen selbst, sondern auch für die Gesellschaft insgesamt. Denn Armut bedeutet weit mehr als nur fehlendes Geld: Sie schränkt Teilhabe- und Bildungschancen ein, wirkt sich negativ auf die Gesundheit aus und hat langfristige politische und soziale Konsequenzen.
In ihrem Beitrag "Kinder- und Jugendarmut. Ein Fakten- und Lebenslagencheck" im APuZ-Magazin "Jugend 2025" der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) plädiert Volf für einen differenzierten Blick auf das Thema. Sie setzt sich dafür ein, gängige Stereotypen zum Thema Armut aufzubrechen, strukturelle Zusammenhänge sichtbar zu machen und ein armutssensibles Handeln aufzuzeigen. Dabei lädt sie Leserinnen und Leser dazu ein, ihr Wissen über Armut kritisch und reflexiv zu hinterfragen. Die eigenen Vorstellungen können im Anschluss mit acht, im Artikel ausführlich erläuterten, Erkenntnissen aus der Armutsforschung abgeglichen werden:
- Für Betroffene ist Armut ein prägender Lebensumstand; für die Gesellschaft ist sie ein ungelöstes strukturelles Problem.
- Wie Armut definiert und gemessen wird, ist eine politische Entscheidung.
- Kinder- und Jugendarmut ist vor allem familiäre Einkommensarmut.
- Je nach Definition und Datengrundlage variiert die Zahl der von relativer Armut bedrohten Menschen.
- Junge Erwachsene sind besonders armutsgefährdet.
- Wer in einem Ein-Eltern-Haushalt lebt, einen Migrationshintergrund oder ein niedriges Qualifikationsniveau hat, ist einem höheren Armutsrisiko ausgesetzt als andere.
- "Die Armen" gibt es nicht; es handelt sich um eine große heterogene Gruppe.
- Armutsursachen sind vielfältig.
Volf zeigt auf, dass die Folgen von Armut bei den Betroffenen in der Regel in alle Lebensbereiche hineinreichen. Materiell fehlen oft notwendige Dinge wie passende Kleidung, Lernmaterial oder ein eigener Rückzugsort. Sozial erleben betroffene Kinder häufiger Stigmatisierung und Ausgrenzung. Kulturell bleibt ihnen der Zugang zu Musik, Sport oder Reisen verwehrt. Gesundheitlich leiden viele unter schlechterer Ernährung, chronischen Erkrankungen und psychischen Belastungen. Betroffenen fehlen Selbstwirksamkeitserfahrungen und verlässliche Bezugspersonen oder Vorbilder.
"Die Folgen von Armut reichen bei den Betroffenen in der Regel in alle Lebensbereiche hinein."
Irina Volf
Im jungen Erwachsenenalter wirken sich diese Nachteile oft weiter aus: Sie haben meist geringere Bildungschancen, prekäre Beschäftigungsverhältnisse, gesundheitliche Probleme, ein geringes Vertrauen in Institutionen und eine spürbare politische Entfremdung zur Folge.
Jugendarmut als gesamtgesellschaftliches Problem
Prekäre Arbeitsverhältnisse, Arbeitslosigkeit, chronische Erkrankungen und psychische Belastungen führen nicht nur zu hohen Kosten für das Gesundheits- und Sozialsystem. Sie verstärken soziale Ungleichheit – mit dem Risiko, dass junge Menschen sich von demokratischen Strukturen entfremden und anfälliger für extremistische oder populistische Ideologien werden. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, braucht es ein entschlossenes Handeln gegen strukturell bedingte Armut.
Weitere Informationen
- bpb: Kinder und Jugendarmut
Der Fakten- und Lebenslagencheck von Irina Volk ist in der Ausgabe "Jugend 2025" im Magazin "Aus Politik und Zeitgeschichte" der Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb) in der Ausgabe 36-37/2025 erschienen. - bpb: Jugend 2025
Die Zeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte" der bpb enthält weitere Beiträge zur politisch relevanten Zielgruppe Jugend.