21.11.2025 | Redaktion | UNICEF
In allen Lebensbereichen benachteiligt
UNICEF-Bericht zu Kindern und Jugendlichen aus armutsgefährdeten Familien
Die meisten jungen Menschen in Deutschland wachsen mit guten Entwicklungschancen auf. Doch rund 1,3 Millionen Kinder und Jugendliche leiden unter erheblichen materiellen und sozialen Entbehrungen. Das zeigt der UNICEF-Bericht zur Lage der Kinder in Deutschland 2025. Eine gute Bildung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, die einen späteren beruflichen Erfolg ermöglichen, sind für fast jedes zehnte Kind in Deutschland nur schwer erreichbar. Der Abstand zwischen bestens unterstützten und besonders benachteiligten jungen Menschen wächst.
Ausschnitt aus der Titelseite des UNICEF-Berichts
Nach wie vor entscheidet in Deutschland die familiäre Situation sehr stark über die Möglichkeit zur gesellschaftlichen Teilhabe. Kinder aus armutsgefährdeten Familien haben oft keinen Platz, um Hausaufgaben zu machen, können sich kein zweites Paar Schuhe oder vollwertige Mahlzeiten leisten und nehmen kaum an Freizeitaktivitäten Gleichaltriger teil. Immer mehr Kinder können nicht gut lesen (25 Prozent, 5 Prozent mehr als im Jahr 2018). 41 Prozent der Achtklässlerinnen und Achtklässler verfügen lediglich über rudimentäre digitale Kompetenzen (2013: 29 Prozent). Dabei sind Kinder aus finanziell schlechter gestellten Elternhäusern deutlich überrepräsentiert. Die ungleichen materiellen und sozialen Voraussetzungen in den Familien wirken sich auf alle Lebensbereiche der Kinder aus.
So leiden materiell benachteiligte Kinder und Jugendliche besonders häufig unter Mobbing, wobei insbesondere digitale Beleidigungen und Angriffe eine große Rolle spielen, unter gesundheitlichen Beschwerden und einem geringeren psychischen Wohlbefinden. DJI- Direktorin Sabine Walper, die den Bericht im Auftrag von UNICEF mit Forschenden des Deutschen Jugendinstituts erstellt hat, fasst die Ergebnisse so zusammen: "Die negativen Folgen von Armutslagen zeigen sich in den Bildungschancen, der Gesundheit, der gesellschaftlichen Teilhabe und selbst in den sozialen Beziehungen. Umso wichtiger ist es, Strukturen so zu reformieren, dass alle Kinder unabhängig von ihrer Herkunft faire Chancen auf ein gutes Aufwachsen haben."
Grundlegender Paradigmenwechsel nötig
Die Ergebnisse des Berichts machen aus Sicht der Autorinnen und Autoren deutlich, dass ein grundlegender Paradigmenwechsel für ein gutes Aufwachsen von Kindern notwendig ist: weg von der Individualisierung sozialer Problemlagen hin zu einer stärkeren Betonung gemeinschaftlich struktureller Verantwortung: "Es reicht nicht aus, an die Eigenverantwortung von Familien zu appellieren, wenn gesellschaftliche Rahmenbedingungen faire Chancen nicht zulassen. Nur wenn politische, institutionelle und gesellschaftliche Strukturen konsequent auf Chancengerechtigkeit und Teilhabe ausgerichtet werden, kann es gelingen, allen Kindern ein gutes und sicheres Aufwachsen zu ermöglichen."
Weitere Informationen
- UNICEF: Eine Perspektive für jedes Kind (PDF)
Seit dem Jahr 2006 bündelt UNICEF mit seinen Berichten zur Lage der Kinder in Deutschland die wichtigsten verfügbaren Erkenntnisse über das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen.