12.09.2016 | Jens Kemner, Marion Klinger

Grundbildung für die berufliche Integration: GRUBIN - Transfer

Arbeitsplatzsuche und Bewerbung sind unabdingbare Schritte für den Zugang zum Arbeitsmarkt. Für Menschen, deren Schriftsprachkenntnisse jedoch nicht ausreichen, um – auch kürzere – Texte schreiben oder sinnerfassend lesen zu können, stellen sie eine nur schwer zu bewältigende Anforderung dar.

Die leo.-Level-One Studie der Universität Hamburg machte 2011 bekannt, dass in Deutschland 7,5 Millionen Menschen zu den sogenannten funktionalen Analphabet/innen zählen: Sie können vielleicht einzelne Buchstaben, Wörter oder auch Sätze schreiben, ihre schriftsprachlichen Kompetenzen unterschreiten jedoch die Textebene und liegen daher unter den gesellschaftlich geforderten wie auch als selbstverständlich vorausgesetzten Kenntnissen. Die Studie belegt, dass etwa 57 Prozent der funktionalen Analphabet/innen erwerbstätig sind. Aufgrund ihrer unzureichenden Lese- und Schreibkompetenzen ist diese Gruppe auf das von prekären Beschäftigungsverhältnissen geprägte Segment der Einfacharbeitsplätze festgelegt. Ihr Risiko arbeitslos zu werden ist deutlich größer als bei der übrigen erwerbstätigen Bevölkerung.

Fast 17 Prozent der funktionalen Analphabet/innen sind arbeitslos. Unter der arbeitslosen Bevölkerung ist ihr Anteil mit mehr als 30 Prozent mehr als doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölkerung. Bei Betrachtung der mit der Arbeitsplatzsuche und Bewerbung verbundenen schriftsprachlichen Anforderungen ist festzustellen, dass diese nicht selten die Anforderungen eines typischen Einfacharbeitsplatzes übersteigen. Bewältigen funktionale Analphabet/innen diese Barriere nicht, ist ihnen der Zugang zum Arbeitsmarkt erheblich erschwert und ihre berufliche Integration droht zu scheitern.

Das Projekt GRUBIN erarbeitet Konzepte zur besonderen Unterstützung dieser Zielgruppe bei der beruflichen Eingliederung.

Kostenfreie Lernmaterialien und Veranstaltungskonzepte des Projekts GRUBIN

Wie gelingt es, die Beschäftigungsfähigkeit und Integrationschancen von funktionalen Analphabet/innen zu erhöhen? Wie kann eine berufsbezogene Lese- und Schreibförderung in Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung integriert werden? Welchen Beitrag kann in diesem Zusammenhang eine Kooperation von Trägern der Arbeitsförderung mit Volkshochschulen als Hauptanbieter von Grundbildungs- und Alphabetisierungskursen leisten?

Das Projekt "GRUBIN – Grundbildung für die berufliche Integration" initiierte 2012-2015 Kooperationen von Arbeitsmarktdienstleistern mit den VHS an vier Modellstandorten: Bochum, Fulda, Itzehoe und Paderborn. Mit Unterstützung der VHS-Landesverbände aus Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein werden folgende Produkte entwickelt:

  • Ein Workshop für Fachkräfte im Bereich von Maßnahmen der aktiven Arbeitsförderung, der im Referententandem von einer Fachkraft der Weiterbildung und einer Fachkraft der Arbeitsförderung durchgeführt wird. Er vermittelt Hintergrundinformationen zu Lese- und Schreibschwierigkeiten bei Maßnahmeteilnehmer/-innen, stellt Materialien zur individuellen Förderung von Lese- und Schreibkompetenzen vor und zeigt Möglichkeiten zur Integration dieser Materialien in unterschiedliche Maßnahmenkontexte. Der Austausch und die Erarbeitung praxisnaher Ansätze stehen im Vordergrund.
  • Eine Qualifizierung zur Vorbereitung des Referententandems auf die Durchführung des Workshops (Zielgruppe: Fachkräfte aus Bildungs- und Beschäftigungsträgern sowie aus VHS).
  • Ein Ordner mit Lehr- und Lernmaterial zur Erweiterung der berufsbezogenen Schriftsprachkenntnisse von Maßnahmeteilnehmer/-innen (Titel: „Einsteigermodul“, Umfang 100UE). Das Modul eignet sich beispielsweise zur Integration in Maßnahmen zur Vermittlung von Grundkompetenzen im Lesen und Schreiben (nach § 16 I SGB II i.V.m. §§ 81 bis 87 und § 131a SGB III) wie auch zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (MAbE nach §45 SGB III) zur Beseitigung von Vermittlungshemmnissen.

In einem dreijährigen Folgeprojekt "Grundbildung für die berufliche Integration, GRUBIN – Transfer 2015-2018" wird der Transfer dieser Produkte weiterhin unterstützt. Zudem werden weitere Materialien im Bereich Rechnen sowie Medienbildung entstehen.

Community-Gruppe bei überaus.de

Aus Perspektive der Bildungs- und Beschäftigungsträger wird deutlich, dass eine wesentliche Zielgruppe des Projekts GRUBIN die dort tätigen Fachkräfte sowie die in den Maßnahmen betreuten Teilnehmenden sind. In der Community-Gruppe „Projekt GRUBIN“ auf dem Fachportal überaus.de soll kontinuierlich über die laufende Projektentwicklung berichtet werden. Außerdem sollen Projektergebnisse zeitnah zugänglich gemacht werden. Auf diese Weise kann der für die Projektarbeit so wichtige Praxistransfer initialisiert werden. Noch viel höher bewertet das Projektteam jedoch die Möglichkeit, sich mit der Zielgruppe über die bereitgestellten Konzepte auszutauschen. Daher sind alle Interessierten herzlichst einladen, die Konzepte nicht nur in ihre Förderpraxis aufzunehmen, sondern auch ihre Erfahrungen aus der Anwendung zurückzumelden.

Der Gruppe beitretenProjekt GRUBINJens Kemner
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Weitere Informationen

Förderhinweis

Das Projekt „Grundbildung für die berufliche Integration (GRUBIN) – Transfer“ wird mit Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung unter dem Förderkennzeichen W140600 gefördert.

  • GRUBIN
    Das gesamte Material zum kostenlosen Download finden Sie auf der Projektseite zu GRUBIN.