16.08.2022 | Redaktion | IAQ

Fachkräfte ohne Berufsausbildung?

IAQ-Report zu Beschäftigungsperspektiven für gering Qualifizierte

Gering Qualifizierte gelten häufig als die Verliererinnen und Verlierer auf dem Arbeitsmarkt. Seit zehn Jahren wächst ihre Zahl wieder deutlich. Es gibt mittlerweile einen stabilen Sockel an Beschäftigten ohne abgeschlossene Berufsausbildung, der etwa 4,7 Millionen Menschen oder 13,3 Prozent der abhängig Beschäftigten umfasst. "Niedrig Qualifizierte sind keine arbeitsmarktpolitische Restgröße, die irgendwann verschwindet. Und sie haben in einzelnen Berufen durchaus Beschäftigungschancen", sagt Dr. Thorsten Kalina, Autor eines aktuellen Reports des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ).

Bild: industrieblick/Adobe Stock

Besonders deutlich stieg nach den Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) die Beschäftigung gering Qualifizierter in Berufen aus den Bereichen Lagerwirtschaft, Verkauf, Gastronomie und Fahrzeugführung im Straßenverkehr. Dabei sind mit rund 60 Prozent die meisten gering Qualifizierten oberhalb des Helferniveaus, also auf Fachkraftstellen oder Positionen mit höheren Anforderungen tätig. Es geht hier offenbar um einen Graubereich an Tätigkeiten, die anspruchsvoller sind als Helferarbeiten, aber nicht unbedingt eine volle Berufsausbildung voraussetzen.

Die Abgrenzung von Helfer- und Fachkraftstellen ist ein strittiges Thema zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften. Vor allem die tarifliche Eingruppierung von Beschäftigten als Fachkräfte ist für Arbeitgeber mit höheren Lohnkosten verbunden. In vielen Berufen werden auch Jobsuchende eingestellt, die nur Kompetenzen in Teilen einer vollständigen Berufsausbildung haben.

Die Zertifizierung von Teilqualifikationen für gering Qualifizierte oder Zugewanderte kann aus Sicht des Autors die Integration in den Arbeitsmarkt erleichtern. Thorsten Kalina zeigt aber auch die Grenzen dieses Ansatzes auf: "Die Zertifizierung von Teilqualifikationen kann eine vollwertige Berufsausbildung nicht ersetzen. Grundsätzlich sollte der Fokus von Arbeitsmarktpolitik eher darauf liegen, vollständige Ausbildungen nachzuholen, um das duale System der beruflichen Ausbildung dauerhaft zu erhalten.

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