16.09.2022 | Redaktion | DIHK

Bewerberlage spitzt sich zu

Studie des Deutschen Industrie- und Handelskammertages zur Ausbildungssituation

Seit der Corona-Pandemie leiden viele Unternehmen mehr denn je unter einem Mangel an Auszubildenden. Das ist ein Ergebnis der vom Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) veröffentlichten Broschüre "Ausbildung 2022 – Ergebnisse einer Unternehmensbefragung". Ein Grund dafür waren die Lockdown-Zeiten, in denen Praxiseinblicke oft nur eingeschränkt möglich waren. Dies verstärkte die Unsicherheit vieler Jugendlicher hinsichtlich ihrer Berufswahl. Betriebe wollen sich deshalb für eine bessere Berufsorientierung einsetzen und auch die Ausbildung soll attraktiver werden.

Bild: Atelier211/Adobe Stock

Die Corona-Pandemie hat die Schere zwischen Ausbildungsangeboten und nachfragenden Jugendlichen noch weiter auseinandergehen lassen. Die Ergebnisse der DIHK-Online-Unternehmensbefragung zeigen, dass 36 Prozent der IHK-Ausbildungsbetriebe, die nicht alle Ausbildungsplätze besetzen konnten, nicht eine einzige Bewerbung erhalten haben. Die Zahl der betroffenen Ausbildungsbetriebe ist auf 27.000 angestiegen.

Weniger Berufsorientierung - weniger Auszubildende

Die Entwicklungen in den vergangenen zwei Jahren der Corona-Pandemie führten dazu, dass 42 Prozent der Ausbildungsbetriebe nicht alle angebotenen Ausbildungsstellen besetzen konnten. Dies bedeutet eine Steigerung von zehn Prozent seit dem Jahr 2018, in dem etwa jeder dritte IHK-Ausbildungsbetrieb nicht alle angebotenen Ausbildungsstellen besetzen konnte. Als Ursache nannten 67 Prozent der Betriebe, es hätten keine geeigneten Bewerbungen vorgelegen. Eine Ursache für die Passivität der jungen Menschen hinsichtlich ihrer Bewerbungsaktivitäten war ihre in Corona-Zeiten mangelnde berufliche Orientierung.

So konnten bedingt durch die Corona-Pandemie viele Ausbildungsmessen und Betriebspraktika nicht mehr stattfinden, wurden digital durchgeführt oder komplett abgesagt. Berufsberater der Bundesagenturen konnten keine Besuche bei den Schulen abstatten und im IHK-Bereich waren zahlreiche Branchen und Betriebe während des Lockdowns vorübergehend geschlossen oder die Belegschaft war zu großen Teilen im Homeoffice tätig. Dies erschwerte es den Jugendlichen, Praxiseinblicke zu gewinnen. Bei den jungen Menschen verstärkte die fehlende berufliche Orientierung ihre Unsicherheit sowie ihre unklaren Berufsvorstellungen weiter.

Betriebe engagieren sich für Berufsorientierung

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Die Unternehmen wissen, wie wichtig die Praxiserfahrungen für die Jugendlichen, aber auch für die Betriebe selbst sind. "Ohne Praktika keine Azubis, und ohne Azubis keine ausgebildeten Fachkräfte, die so dringend von der Wirtschaft gesucht werden", betonen die Autoren der Broschüre. Deshalb wollen sich drei von vier Ausbildungsbetrieben künftig intensiver für die Berufsorientierung engagieren. Mehr als jeder zweite Betrieb will mehr Praktikumsplätze zu Verfügung stellen. 39 Prozent der Ausbildungsbetriebe möchten verstärkt Veranstaltungen zur beruflichen Orientierung durchführen. Dazu zählen beispielsweise Azubi-Speed-Datings oder ein Tag der offenen Tür in der Zusammenarbeit mit Schulen.

Darüber hinaus bleiben digitale Angebote weiterhin beliebt und werden an dritter Stelle von Betrieben genannt. Weitere 17 Prozent wollen mit sogenannten Ausbildungsbotschaftern beziehungsweise Azubi-Scouts an die Schulen gehen, um den Jugendlichen auf diese Weise einen Praxiseinblick zu bieten. Auch die Ausbildung als solche soll für die jungen Menschen in Zukunft attraktiver werden.

Unternehmen wollen Ausbildung attraktiver machen

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Das DIHK hat erstmalig Unternehmen zu ihren Aktivitäten befragt, um für Jugendliche die Ausbildung attraktiver zu gestalten. Dabei zeigte sich, dass viele Unternehmen ihre Hierarchien bereits für die Auszubildenden flacher gestalten und die IT-Ausstattung verbessern. Dass dies wichtigen Wünschen der jungen Menschen entgegenkommt, konnte das DIHK in anderen Befragungen feststellen.

Zudem haben 18 Prozent der Ausbildungsbetriebe Mentoren-Programme eingeführt (bei Großbetrieben waren es sogar 27 Prozent), 12 Prozent der Betriebe entschieden sich für Angebote des "mobilen" Arbeitens, sieben Prozent der Unternehmen bieten eine Teilzeit-Ausbildung an und elf Prozent der Unternehmen integrieren Auslandsaufenthalte in die Ausbildung. In offenen Antwort-Möglichkeiten der Befragung gaben die Unternehmen Stichworte, die allgemein darauf abzielten, dass die Auszubildenden sich beispielsweise durch Azubi-Ausflüge, Azubis-Meetings, Onboarding-Wochen oder auch Seminare im Betrieb wohler fühlen.

Viele dieser neuen Möglichkeiten der Ausbildungsgestaltung oder innovativen Ideen von Unternehmen ermöglichen Erfahrungen, durch die sich Ausbildung am Wirtschaftsstandort Deutschland weiterentwickeln kann. Die Autorinnen und Autoren der DIHK-Broschüre betonen: "Nur durch diese Erfahrungswerte und den Mut zur Veränderung kann gemeinsame Entwicklung stattfinden."

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