13.05.2025 | Redaktion | Berlin-Institut
Ungleiche Teilhabemöglichkeiten
Neue Studie "Teilhabeatlas Kinder und Jugendliche" erschienen
Kinder und Jugendliche in Deutschland haben je nach Wohnort sehr unterschiedliche Möglichkeiten, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Das verdeutlichen statistische Daten, etwa zum Anteil der von Armut betroffenen Kinder und Jugendlichen oder der Schulabgängerinnen und -abgänger ohne ersten Schulabschluss. Die neue Studie "Teilhabeatlas Kinder und Jugendliche" untersucht die Teilhabemöglichkeiten von jungen Menschen anhand von Daten und Interviews, in denen sie von ihren Bedürfnissen nach vielfältigen Freizeitmöglichkeiten, mehr Selbstbestimmung und echter Beteiligung berichten.
Ausschnitt aus der Titelseite der Studie
Für die Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung, der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung sowie der Wüstenrot Stiftung analysierten die Autorinnen und Autoren umfangreiche Daten auf Ebene der 400 Kreise und kreisfreien Städte in Deutschland. Zu den untersuchten Indikatoren zählen auch Querschnittsindikatoren wie die Lebenserwartung oder die Erreichbarkeit von Bushaltestellen, Grundschulen und Kinderarztpraxen. Diese Faktoren geben Hinweise auf die allgemeinen Lebensverhältnisse.
"Die Unterschiede sind teils gravierend", erklärt Claudia Härterich vom Berlin-Institut. "In einzelnen Regionen verlassen rund 15 Prozent der Jugendlichen die Schule ohne Abschluss, in anderen sind es nur drei Prozent." Auffällig sind auch die Unterschiede bei der Kinderarmut: Während in manchen Gegenden im Ruhrgebiet 20 bis 30 Prozent der Kinder in Armut aufwachsen, liegt der Anteil in wirtschaftlich starken, ländlichen Regionen Süddeutschlands bei unter vier Prozent. "In Regionen mit hoher Kinderarmut sind häufig auch der Anteil der Schulabgänger:innen ohne Ersten Schulabschluss und die Jugendarbeitslosigkeit überdurchschnittlich hoch", sagt Manuel Slupina von der Wüstenrot Stiftung. Das Forschungsteam fordert deshalb gezielte Investitionen in die Qualität von Schulen, in außerschulische Bildungsangebote und in die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen, die statistisch gesehen weniger Teilhabemöglichkeiten haben.
"Junge Menschen wollen sich beteiligen und haben Ideen, wie sie ihre Umgebung besser gestalten können. Sie haben jedoch häufig das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden."
Aus den Gesprächen kristallisierten sich drei Aspekte heraus, die Kindern und Jugendlichen an ihrem Wohnort besonders wichtig sind: Sie wünschen sich Mitgestaltungsmöglichkeiten, öffentliche Aufenthaltsorte sowie eigenständige Mobilität. Die Interessen junger Menschen sind über Stadt- und Landesgrenzen hinweg ähnlich: Sie wollen Freundschaften pflegen, Sport treiben, Musik machen oder digitale Medien nutzen – idealerweise in Räumen, die sie selbst gestalten können. Besonders wichtig ist Jugendlichen auch die Möglichkeit, mobil und unabhängig zu sein. Junge Menschen wollen sich beteiligen und haben Ideen, wie sie ihre Umgebung besser gestalten können. Sie haben jedoch häufig das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden. Es fehlt oft an echten Beteiligungsformaten, die ihnen Mitsprache und Mitbestimmung auf Augenhöhe ermöglichen.
Es gehört zu den grundlegenden Versprechen der Politik, Kindern und Jugendlichen ein Umfeld zu schaffen, das ihnen Chancengleichheit und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. "Teilhabe bedeutet, gleichberechtigt und selbstbestimmt am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können – ein unverzichtbares Recht, damit junge Menschen sich frei entfalten können", sagt Johanna Okroi von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. Um Veränderungen anzustoßen, formuliert das Forschungsteam im Teilhabeatlas konkrete Handlungsempfehlungen – insbesondere in den Bereichen Bildung, Freizeit, Selbstbestimmung und Beteiligung.