KI in der beruflichen Bildung

Eine Annäherung

von Verónica Fernández

Unser tägliches Leben wird zunehmend von künstlicher Intelligenz (KI) durchdrungen – und das gilt auch für den Bildungsbereich. In diesem Beitrag werden Grundlagen zur KI sowie deren Chancen, Herausforderungen und Risiken für den Übergang von der Schule in Ausbildung und Beruf vorgestellt.

Was ist Künstliche Intelligenz?

Das Thema Künstliche Intelligenz (KI) gewinnt aktuell zunehmend an Präsenz, ist aber kein neues –  die Informatik beschäftigt sich bereits seit den 1950er Jahren mit ihr. Als wichtiger Trend der Digitalisierung hat KI in den letzten Jahren große Sprünge gemacht, dank Fortschritten bei der Rechenleistung, der Verfügbarkeit großer Datenmengen und neuer Algorithmen. KI ist ein Sammelbegriff, der sich auf eine Maschine oder ein Computerprogramm bezieht, das eine Aufgabe mit menschenähnlichem Denken erledigt (Europäisches Parlament 2023).

Die Europäische Kommission (2018) definiert KI wie folgt: "Künstliche Intelligenz (KI) bezeichnet Systeme mit einem 'intelligenten' Verhalten, die ihre Umgebung analysieren und mit einem gewissen Grad an Autonomie handeln, um bestimmte Ziele zu erreichen". Die Definition von KI hat sich jedoch im Laufe der Zeit verändert, so wie sich auch unser Verständnis von menschlichem Denken und menschlicher Intelligenz verändert hat. Diese Unschärfe der Definitionen wird als „KI-Effekt“ bezeichnet (Southgate et al. 2019) und führt dazu, dass auch unscharf ist, welche Technologien als KI gelten. In der Regel bezeichnet man als KI Maschinen, die Aufgaben ausführen, die traditionell dem Menschen vorbehalten waren (Southgate et al. 2019). KI beinhaltet Unterteilgebiete wie maschinelles Lernen und Deep Learning. Diese und weitere Begriffe sind im KI-Glossar der Plattform Lernende Systeme (PLS) erklärt.

Künstliche Intelligenz als strategisches Thema in Unternehmen

Wenn man nicht alles selbst macht: KI-generiertes Bild zur KI. Geholfen hat hier Adobe Firefly.

Künstliche Intelligenz kann viele Formen annehmen und wird bereits in unserem Alltag verwendet: fahrerlose Autos, automatische Übersetzungen, intelligente Häuser oder Onlineshopping und Werbung (Europäisches Parlament 2023, Southgate 2019). Auch in Unternehmen ist das Thema KI angekommen. Laut der Trendstudie "Artificial Intelligence – Die Zukunft künstlicher Intelligenz in deutschen Unternehmen" (IUBH Internationale Hochschule 2021) wird künstliche Intelligenz als strategisches Thema in deutschen Unternehmen betrachtet. So unterstützt KI seit Jahren Betriebe in Branchen wie Automobilindustrie oder Maschinenbau bei der Entwicklung, Produktion oder Optimierung von Vertriebswegen.

Nationale KI-Strategie der Bundesregierung und KI-Aktionsplan des BMBF

Die Bundesregierung hat am 15. November 2018 ihre Strategie Künstliche Intelligenz verabschiedet, deren Fortschreibung im Dezember 2020 erfolgte. Ziel der Strategie ist es, den Standort Deutschland in Erforschung, Entwicklung und Anwendung von KI im internationalen Wettbewerb zu stärken. Sie umfasst 12 Handlungsfelder, worunter sich das 6. Handlungsfeld mit Ausbildung und KI befasst.

Mit dem Aktionsplan Künstliche Intelligenz hat das BMBF 2023 seinen Beitrag zur KI-Strategie der Bundesregierung aktualisiert. Zu seinen Handlungsfeldern gehören der gezielte Ausbau der Infrastruktur (3. Handlungsfeld) oder KI-basierte Technologien im Bildungssystem erforschen und gestalten (5. Handlungsfeld).

ki-strategie-deutschland.de
ki-aktionsplan

KI beeinflusst die Arbeitswelt nachhaltig

Für die Berufsbildung ist KI ein wichtiges Thema, denn sie bringt tiefgreifende Veränderungen in der Beschäftigung und den Arbeitsaufgaben mit sich (Seufert et al. 2021). Es wird erwartet, dass KI-Technologien nahezu alle Berufsfelder beeinflussen werden, wobei einige stärker betroffen sein werden als andere (zum Beispiel bestimmte Tätigkeiten in personalintensiven Berufen wie in der Pflege oder Erziehung). Obwohl die Auswirkungen der KI auf die Arbeitswelt noch schwer vorherzusagen sind, wird davon ausgegangen, dass sie die Aufgaben innerhalb von Berufen und Arbeitsplätzen nachhaltig beeinflussen werden, zum Beispiel weil einige Aufgaben automatisiert werden, während andere neu entstehen oder neue Arbeitsplätze geschaffen werden (Taccle AI 2023).

Dies wird dazu führen, dass bestimmte Kompetenzen und Fertigkeiten an Bedeutung gewinnen. So werden zum Beispiel bestimmte technische Kompetenzen (wie Technologiekenntnisse) und soziale, emotionale und methodische Kompetenzen (wie beispielsweise Kreativität und kritisches Denken) erforderlich sein. Andererseits wird erwartet, dass der Bedarf an kognitiven Grundfertigkeiten, insbesondere an grundlegenden Dateneingabe- und manuellen Fertigkeiten, abnehmen wird (Taccle AI 2023). Im Rahmen der nationalen Weiterbildungsstrategie der Bundesregierung werden bereits Maßnahmen zur Förderung der Kompetenzen von Erwerbstätigen umgesetzt, um "Beschäftigten, Arbeitssuchenden und Unternehmen neue Chancen [zu] bieten, die sich ändernde Arbeitswelt selbstbestimmt zu gestalten" (Die Bundesregierung 2018).

KI-Kenntnisse werden zur Schlüsselkompetenz

Die KI hat mittlerweile auch im Bildungsbereich ihre Finger im Spiel. Bild: Onchira/Adobe Stock

Künstliche Intelligenz wird zunehmend auch im Bildungswesen eingesetzt und KI-Kenntnisse werden immer mehr zu einer Schlüsselkompetenz (Deutscher Bundestag 2020). Als Teil der Digitalisierung kann KI im Bildungssystem aus zwei Perspektiven analysiert werden: Zum einen das Lernen über KI, das sich auf die Aus- und Weiterbildung technischer, aber auch anwendungsbezogener Kompetenzen und Soft Skills im Zusammenhang mit KI bezieht, zum anderen das Lernen mit KI (Deutscher Bundestag 2020). Der Einsatz von KI-Anwendungen kann je nach Zielsetzung, Ausgestaltung und technischer Grundlage sehr unterschiedlich sein. KI ist keine "Stand-Alone"-Anwendung, sondern wird in eine wachsende Vielfalt von Geräten, Systemen und Anwendungen integriert. Ihr Einsatz kann den Zugang zu beruflicher Bildung erleichtern (zum Beispiel durch Fernunterricht) oder zur Arbeitssicherheit beitragen (beispielsweise durch den Einsatz von Robotern bei gefährlichen Tätigkeiten) (Europäisches Parlament 2020). Auch bei der Kommunikation zwischen Lernenden, Kolleginnen und Kollegen und zwischen den Lernorten der dualen Berufsbildung können KI-Anwendungen einen Beitrag leisten.

KI-Lernprogramme ermöglichen individuelle Förderung

Sowohl für Lehrende als auch für Lernende gibt es zahlreiche Einsatzmöglichkeiten der KI (Schleiss et al. 2023). So können Lernende Lern-Apps oder personalisierte Lernprogramme verwenden, um Wissen zu erwerben oder bestimmte Fähigkeiten zu trainieren. Andere Anwendungen erfassen die Lernfortschritte, Schwächen und Stärken der Lernenden, die an die Lehrenden zurückgemeldet werden, so dass diese individuell gefördert werden können, wieder andere überwachen mithilfe von Sensoren und Kameras die Aufmerksamkeit oder sogar Emotionen von Lernenden und Lehrenden.

KI kann der Personalisierung dienen, indem Lernprozesse an die individuellen Bedürfnisse der Lernenden angepasst werden

 

Darüber hinaus können Anwendungen aus den Bereichen Robotik, Virtual Reality oder Augmented Reality zum Einsatz kommen. Bei den meisten dieser KI-Anwendungen ist der Ausgangspunkt immer die Sammlung und Auswertung einer Vielzahl von Daten, die von den Lernenden und manchmal auch den Lehrenden stammen. Dies kann einerseits der Standardisierung von Lernprozessen dienen, andererseits aber auch der Personalisierung, indem Lernprozesse an die individuellen Bedürfnisse der Lernenden angepasst werden (Deutscher Ethikrat 2023). Laut einer Studie der Deutschen Telekom Stiftung (2021) bieten KI-Anwendungen insbesondere für Lernende mit Förderbedarf ein großes Potenzial. So kann ChatGPT beispielsweise Texte blitzschnell in andere Sprachen übersetzen oder unterschiedliche Sprachniveaus abbilden.

Personalisierung der Lernprozesse mit KI: Ein Beispiel

Das Forschungsprojekt KAINE wird im Rahmen des Innovationswettbewerbs INVITE durchgeführt. Im Mittelpunkt des Projekts steht die Effektivität und Nachhaltigkeit des Lernens. Dazu soll ein dialogorientiertes Tutoringssystem in Form von individuellen "Learning Journeys" zur Steigerung der Lerneffektivität entwickelt werden.

Die Individualisierung des Lernprozesses wird durch den Einsatz von KI unter Berücksichtigung nutzer- und betriebsspezifischer Merkmale (Branche, Vorkenntnisse, Berufserfahrung, Lerngewohnheiten) erreicht.

KAINE bietet eine barrierefreie Begleitung des Lernprozesses durch einen Voice- bzw. Chatbot.

KAINE bei akademie.rub.de


Ressourcen

Eine kleine Sammlung von Ressourcen "rund um KI" findet sich im Dossier "Digitalisierung am Übergang Schule – Beruf":

Projekte, Studien, Leitfäden und Online-Tools

Chatbots zur Unterstützung in der Berufsberatung

Begleiten heute den Alltag vieler junger Menschen: Chatbots. Bild: Wright Studio/Adobe Stock

In der Berufsorientierung können beispielsweise Chatbot-Anwendungen eingesetzt werden, um Informationen über Berufe, den Arbeitsmarkt, Arbeitsplätze oder Qualifikationsanforderungen zu vermitteln. Sie können auch im Bewerbungsprozess eingesetzt werden. Ein erstes Projekt war der Chatbot "What'sMeBot" zur Berufsorientierung, der 2017 von der Bundesagentur für Arbeit entwickelt und eingesetzt wurde. Der Chatbot schlägt den Jugendlichen, nachdem sie acht Fragen zu ihren Charaktereigenschaften beantwortet haben, einen Berufstyp und eine Ausbildung vor. Anschließend wird ein Link zur Website der Bundesagentur für Arbeit angezeigt, auf der weitere Informationen zu diesem Beruf (und Berufsfeld) zu finden sind und ein Beratungstermin vereinbart werden kann.

Die Resonanz auf dieses Tool war sehr gut: In den ersten sechs Wochen nutzten 150.000 User dieses Beratungsangebot, 64.000 davon nahmen anschließend Kontakt mit der Bundesagentur für Arbeit auf. Damit konnte die Bundesagentur für Arbeit täglich 20.000 Jugendliche über den Chatbot beraten. Das sind mehr als sonst in einem ganzen Jahr (Messengerpeople-Fallstudie 2017).

Individuelles Feedback durch digitalen Karriereberater

Auch im Rahmen des europäischen Programms Good e-Guidance Stories (GeGS) werden KI-basierte Werkzeuge für die digitale Beratungsarbeit entwickelt und angeboten. Derzeit wird eine KI-gestützte Berufsberatung erprobt, die auf Einzelpersonen, Berufsberatungsstellen und Unternehmen zugeschnitten ist. Dazu gehört beispielsweise ein digitaler Karriereberater, der Feedback zum Lebenslauf der Bewerbenden geben kann, Unterstützung bei der Erstellung von Lebenslauf und Bewerbungsschreiben bietet sowie aktuelle Arbeitsmarktinformationen und personalisierte Stellenangebote anzeigt.

Darüber hinaus ist ein Videokonferenz-Tool integriert, sodass die Nutzenden Unterstützung von einer Berufsberatungskraft per Videokonferenz bekommen können (GeGS 2022). Ebenso wird derzeit im Rahmen des Projekts "Übergang Schule Beruf digital gestalten" der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Jugendsozialarbeit (BAG KJS) ein Bewerbungsbot getestet, der Jugendliche bei der Erstellung von Bewerbungsunterlagen unterstützt.

Persönlicher Kontakt im Beratungsprozess bleibt von zentraler Bedeutung

Ganz ohne den persönlichen Austausch geht es nicht. Bild: Photographee.eu/Adobe Stock

Wie diese ersten Beispiele zeigen, werden Beratende trotz KI-Anwendungen nicht überflüssig. So haben in dem Fall von What'sMeBot viele Jugendliche die Bundesagentur für Arbeit kontaktiert, um einen Beratungstermin zu vereinbaren. Auch das KI-Tool des GeGS-Projekts bietet die Möglichkeit, mit Beratenden zu sprechen. Dies könnte darauf hindeuten, dass der persönliche Kontakt in Beratungsprozessen für die Jugendlichen sehr wichtig ist und nicht vollständig durch KI-Technologien ersetzt werden kann. Allerdings können solche Ansätze dazu beitragen, die Fachkräfte der Jugendsozialarbeit zu entlasten, so dass sie mehr Zeit für die einzelnen jungen Menschen zur Verfügung haben (Jugendsozialarbeit.news 2023). Gegebenenfalls können sie auch den Zugang zu den Jugendlichen erleichtern (durch geeignete Kanäle oder spielerische Ansätze) und mehr Jugendliche beraten als dies eine einzelne Person kann.

Die Beratungsbeziehung basiert auf drei Aspekten, nämlich Empathie, Akzeptanz sowie Echtheit oder Authentizität.

 

Trotz einiger Vorteile wird der Einsatz von Chatbots in der Beratung und Begleitung von Jugendlichen im Übergang derzeit diskutiert und skeptisch betrachtet, da persönliche Begegnungen und Interaktionen in dieser Phase sehr relevant sind. In Beratungsprozessen spielt die Beziehung zwischen Jugendlichen und Beratenden eine wichtige Rolle und ist für den Beratungserfolg von großer Bedeutung (Nestmann 2004). Nach Carl Rogers basiert die Beratungsbeziehung auf drei Aspekten, nämlich Empathie, Akzeptanz sowie Echtheit oder Authentizität (Rogers 2018). Ob KI-Systeme über Eigenschaften wie Empathie verfügen können, ist umstritten. Vor dem Hintergrund des hohen Beratungsbedarfs und des Fachkräftemangels stellt sich jedoch die Frage, ob sie für die Erstberatung eingesetzt werden könnten (Jugendsozialarbeit.news 2023).

Personalisiertes Lernen ermöglicht effizienten Ressourceneinsatz

Künstliche Intelligenz entwickelt sich rasch und bringt Vorteile für den Bildungsbereich, aber auch potenzielle Gefahren mit sich. Zu den Chancen gehören personalisiertes Lernen und die Entlastung der Lehrenden, da KI-Anwendungen in der Lage sind, die Stärken und Schwächen einzelner Lernender sowie von Lerngruppen zu erkennen und zu ermitteln, sodass Schwierigkeiten bei der Lösung von Aufgaben angegangen werden können. Dies kommt sowohl den Lernenden zugute, die gezielte Unterstützung erhalten, als auch den Lehrenden, die ihre Ressourcen effizienter einsetzen können.

Es wird auch erwartet, dass KI-Anwendungen eine potenziell objektivere und fairere Bewertung von Lernergebnissen ermöglichen, da sie nicht durch mögliche Vorurteile der Lehrenden beeinflusst werden. Diese vermeintliche Neutralität muss jedoch überprüft werden (Deutscher Ethikrat 2023).

Förderung der Inklusion durch KI-Systeme

Besondere Chancen bietet der Einsatz von KI im Hinblick auf Inklusion und Teilhabe. Hier könnte das Potenzial von KI-Systemen genutzt werden, um sprachliche oder räumliche Barrieren zu überwinden, etwa beim Spracherwerb oder bei der Nachhilfe durch KI-Tutoren (Deutsche Telekom Stiftung 2021). Die Vorteile der Digitalisierung, wie Flexibilität und räumliche Entgrenzung, werden durch KI-Anwendungen verdeutlicht.

Ein Beispiel ist der Telepräsenzroboter AV1 des norwegischen Start-ups No isolation, der es kranken Lernenden ermöglicht, von zu Hause aus am Unterricht teilzunehmen und stärker mit der Lerngruppe zu interagieren. Obwohl diese Systeme hilfreich sein können, sind sie keine vollständige Lösung für die Probleme der Inklusion und müssen unter Abwägung möglicher Risiken eingesetzt werden. Daher ist es wichtig, das digitale Lehren und Lernen kontinuierlich zu evaluieren (Deutscher Ethikrat 2023).

Räumliche Entgrenzung könnte zu mehr Einsamkeit der Lernenden führen.

 

Auf der anderen Seite kann die Nutzung von KI-Anwendungen zur Überwindung der räumlichen Entgrenzung zu einer möglichen Einsamkeit der Lernenden führen. Auch können diese Anwendungen potenziell qualitative Veränderungen des Lernverhaltens bewirken und zum Beispiel Auswirkungen auf die Motivation der Lernenden zeigen sowie auf ihre Fähigkeit, komplexere Aufgaben zu lösen, wenn KI-Anwendungen in erster Linie auf die Bewältigung überschaubarer Aufgaben ausgerichtet sind, die zu schnellen Erfolgserlebnissen führen (Deutscher Ethikrat 2023).

Hybride Modelle als Ziel für effiziente Lern- und Beratungsprozesse

Die Bedeutung von persönlichen Beziehungen und direkten Kontakten für den Bildungsprozess und die persönliche Entwicklung soll nicht durch KI vernachlässigt werden. Die Prozesse am Übergang von der Schule in Ausbildung und Beruf umfassen nicht nur die Vermittlung von Informationen, sondern auch affektive Dimensionen und soziale Kontakte. In diesem Zusammenhang ist auf die Gefahr des Animismus – Maschinen geistige Eigenschaften zuschreiben – hinzuweisen.

Ein konkreter Ersatz, wie beispielsweise der Einsatz einer Software für eine bestimmte Aufgabe oder vielleicht eine Erstberatung durch einen Chatbot, könnte jedoch den Bildungs- und Beratungsprozess unterstützen. Lehrende und Fachkräfte sollten nicht durch KI ersetzt werden. Ziel sollte es sein, verstärkt hybride Lehr- und Lernmodelle (Deutscher Ethikrat 2023) bzw. Beratungsmodelle zu entwickeln, um Lern- und Beratungsprozesse effizienter und kostengünstiger zu gestalten und Jugendliche zu unterstützen sowie Lehr- und Fachkräfte zu entlasten (Jugendsozialarbeit.news 2023).

Kompetenz in Bezug auf Sicherheit und Privatsphäre notwendig

Webcams wissen mitunter mehr, als sie wissen sollten. Bild: Onchira/Adobe Stock

Fragen der Sicherheit, Privatheit und Transparenz sind beim Einsatz von KI zu berücksichtigen. Bei der Erhebung, Verarbeitung und Weitergabe bildungsbezogener Daten sind strenge Anforderungen an den Schutz der Privatsphäre zu beachten (Deutscher Ethikrat 2023). So ist beispielsweise bei der Nutzung von ChatGPT zu berücksichtigen, dass sich der Server-Standort außerhalb Deutschlands befindet. Daher sind bei der Nutzung bestimmte Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, wie zum Beispiel keine personenbezogenen Daten als Prompts einzugeben (DIHK 2023). In diesem Zusammenhang sind auch bestimmte Technologien zur Erkennung und Messung von Aufmerksamkeit und Emotionen (durch Kameras und andere Instrumente) wissenschaftlich umstritten, da sie zwar für Lernprozesse hilfreich sein können, aber auch zu Eingriffen in die Autonomie und Privatsphäre der Lernenden führen können (Deutscher Ethikrat 2023). Technologische Entwicklungen sollten realistisch betrachtet und auf ihren Nutzen hin überprüft werden.

Diskriminierung durch strukturelle Verzerrungen sollte vermieden werden.

 

Systeme der künstlichen Intelligenz hängen davon ab, wie sie entwickelt werden und welche Daten dafür verwendet werden. Sowohl die Daten als auch das Design können verzerrt sein. So können beispielsweise einige wichtige Faktoren eines Problems nicht in den Algorithmus einfließen, oder der Algorithmus kann so programmiert sein, dass er strukturelle Verzerrungen widerspiegelt und reproduziert. Wird die KI nicht korrekt eingesetzt, könnte sie zu Entscheidungen führen, die beispielsweise durch Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder anderer Aspekte beeinflusst werden (Europäisches Parlament 2020, Europäische Kommission 2020).

Fazit: Sinnvolle Integration von KI-Anwendungen

KI-Anwendungen sind in unserem Alltag präsent und werden nicht verschwinden, daher sollte das Ziel eine sinnvolle und produktive Integration von KI in Lehr-, Lern- und ggf. Beratungsprozesse sein. Der Einsatz von KI bietet eine Reihe von Möglichkeiten, wie beispielsweise die Entlastung von Lehrenden und anderer Fachkräfte oder die Förderung der Inklusion. KI-Systeme können den Lern- und Beratungsprozess unterstützen, aber sie können nicht die persönlichen und affektiven Aspekte ersetzen.

Letztendlich muss immer der Mensch entscheiden, wo genau das jeweilige KI-Tool eingesetzt wird. Es ist wichtig, die Chancen und Risiken im jeweiligen Einsatzbereich richtig abzuwägen. Vor allem muss die Autonomie und Privatsphäre der jungen Menschen so weit wie möglich geschützt werden. So muss jede Datenerhebung für den Einsatz von KI-Anwendungen im Hinblick auf Zweck und Ziel ihres Einsatzes bewertet und auf ihre Angemessenheit und ethische Rechtfertigung überprüft werden (Deutscher Ethikrat 2023).

Hier besteht weiterer Forschungsbedarf, insbesondere sollen Aspekte wie die Lerneffektivität und die ethisch-rechtlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Nutzung und Auswertung von Daten in Lernprozessen untersucht werden. Neben Fragen des Datenschutzes und der Datensicherheit muss auch das Problem von verzerrten Daten oder verzerrten Algorithmen angegangen werden (Deutsche Telekomstiftung 2021).

Literatur

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Europäisches Parlament (2023). Was ist künstliche Intelligenz und wie wird sie genutzt? (07.10.2023).

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(17.10.2023).

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Jugendsozialarbeit.news (2023). Chancen der KI für die Jugendsozialarbeit diskutieren. (13.10.2023).

Messengerpeople Fallstudie (2017). Wie die Bundesagentur für Arbeit Jugendliche via WhatsApp hilft den richtigen Job zu finden. (17.10.2023).

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Seufert, S. et al. (2021). Künstliche Intelligenz in der beruflichen Bildung. Zukunft der Arbeit und Bildung mit intelligenten Maschinen?! Zeitschrift für Berufs- und Wirtschaftspädagogik – Beihefte, Band 31. Franz Steiner Verlag

Southgate, E. et al. (2019). Artificial intelligence and emerging technologies (virtual, augmented and mixed reality) in schools: A research report. Newcastle: University of Newcastle, Australia.

Taccle AI (2023). KI in der beruflichen Bildung Tookit. (13.10.2023).