27.07.2020 | Redaktion | BPB

Wie ticken Jugendliche?

Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlichte Sinus-Jugendstudie

Die junge Generation ist ernster geworden – ernsthafter einerseits, besorgter andererseits. Das betrifft den Umgang mit den Herausforderungen der Corona-Pandemie und mehr noch die für sie offensichtliche Bedrohung durch die globale Klimakrise. Dies ist eines der Ergebnisse der SINUS-Jugendstudie 2020 "Wie ticken Jugendliche?", die alle vier Jahre die Lebenswelten 14- bis 17-jähriger Teenager in Deutschland untersucht. Die Fragestellungen der neuen Studie waren: Welche Themen sind der Jugendgeneration wichtig? Wie blicken die jungen Menschen in die Zukunft? Und nicht zuletzt: Wie kommen die Jugendlichen in der Ausnahmesituation der Corona-Krise zurecht?

Ausschnitt aus der Titelseite der Studie

Bei Themen wie der Klimakrise fühlt sich die junge Generation nicht ernst genommen und repräsentiert. Viele Jugendliche beklagen die fehlende Teilhabe der jungen Generation an politischen Entscheidungsprozessen und die mangelnde Repräsentation im politischen Raum. Aus Jugendsicht wird Politik in erster Linie von "alten weißen Männern" dominiert und geprägt. Pauschales "Politikerbashing" ist dennoch selten. Politische Akteure und Institutionen werden differenziert beurteilt. Viele Jugendliche zeigen Verständnis und Empathie für Politiker und Politikerinnen, die aus ihrer Sicht einen "harten, stressigen Job" machen. Die Klimakrise wird jedoch aus jugendlicher Perspektive von den Verantwortlichen nicht ernst genommen; mögliche Problemlösungen werden aus dieser Sicht verschleppt oder sogar hintertrieben.

Der Zukunftsoptimismus der Jugendlichen ist gedämpft. Viele Befragte beklagen eine "Jeder-für-sich"-Mentalität und den fehlenden Zusammenhalt in der Gesellschaft. Sie haben Angst vor wachsender Polarisierung, Hass und Aggression – die insbesondere bildungsferne Jugendliche in ihren Lebenswelten oft erleben. In der Mehrzahl der jugendlichen Lebenswelten sind heute gute, abgesicherte Lebensverhältnisse wichtiger als Status, Erfolg und Aufstieg. Ein dominanter Zukunftswunsch vieler Jugendlicher ist es, in der Mitte der Gesellschaft anzukommen, materielle Wünsche und Ziele werden relativiert.

Bodenständige Berufswünsche

Die Berufswünsche der befragten Jugendlichen sind eher bodenständig und realistisch. Freude an der Arbeit, Selbstverwirklichung, ein abwechslungsreicher Arbeitsalltag sowie ein positives Arbeitsumfeld haben bei jungen Menschen hohe Priorität. Sie streben nach einer guten Work-Life-Balance mit ausreichend Zeit für ihren Freundeskreis und ihre Familie. Die hedonistische Mentalität ist auf dem Rückzug. Die ehemals so jugendtypische hedonistische Mentalität nimmt weiter ab: Feiern gehen, Fun und Action verlieren an Bedeutung. Die Ära generationsprägender Jugend(sub)kulturen scheint endgültig vorbei – wenngleich es immer noch Nischenszenen gibt. Die Werte Leistung und Selbstverantwortung stehen bei den Jugendlichen hoch im Kurs, auch wenn gleichzeitig die Skepsis gegenüber dem neoliberalen Wettbewerbsparadigma zugenommen hat. Die Folge ist, dass Zeit für sich selbst haben oder "chillen", wie es Jugendliche bezeichnen, immer wichtiger werden.

Im Hinblick auf die Corona-Pandemie stellen die Jugendlichen der Politik ein gutes Zeugnis aus. Sie vertrauen den Akteuren und sehen die veranlassten Maßnahmen als nachvollziehbar und verhältnismäßig an. Kritisiert wird allerdings die nach Meinung der Jugendlichen verfrühte Wiedereröffnung der Schulen und dass die Chance verpasst wurde, in dieser Debatte das Vertrauen der Jugend zu gewinnen, in dem man sie hätte zu Wort kommen lassen. Die meisten Jugendlichen sehen es als ihre soziale und gesundheitliche Verantwortung, die Krise ernst zu nehmen und sich um ihre Mitmenschen zu sorgen. Die subjektive Betroffenheit der Jugendlichen von der Corona-Krise hält sich in Grenzen. Die meisten schätzen die Auswirkungen der Pandemie auf ihr persönliches Leben bisher als nicht sonderlich schwerwiegend ein. Dies gilt insbesondere für die sozial benachteiligten Lebenswelten.