11.08.2021 | Anne Knappe | Redaktion

Fortbildung für Ausbildungspersonal

Qualifizierungskonzept zur Vorbereitung und Unterstützung der Ausbildung von jungen Menschen mit Fluchthintergrund im Betrieb

Zur Vorbereitung und Unterstützung des betrieblichen Ausbildungspersonals bei der Ausbildung von Geflüchteten hat die Fachstelle für Übergänge in Ausbildung und Beruf – überaus in Zusammenarbeit mit dem Bildungsträger FRESKO e.V. ein Qualifizierungskonzept für eine Präsenz-Fortbildung entwickelt, auf dessen Basis Fortbildungsangebote gestaltet werden können.

Im Rahmen eines BMBF-geförderten Projektes hat die Fachstelle überaus in Zusammenarbeit mit dem Bildungsträger FRESKO e.V. aus Wiesbaden ein Qualifizierungskonzept für eine Präsenz-Fortbildung von Ausbilderinnen und Ausbildern entwickelt. Ziel der Fortbildung ist die Vorbereitung und Unterstützung des betrieblichen Ausbildungspersonals bei der Ausbildung von Geflüchteten. Im Jahr 2019 wurde das Fortbildungskonzept an zwei Standorten erprobt und evaluiert. Es trägt den komplexen Anforderungen an die Ausbildung junger Menschen mit Fluchthintergrund und damit verbunden an eine Qualifizierung des Ausbildungspersonals Rechnung und kann als Basis für die Entwicklung eigener Fortbildungsangebote dienen.

Ziel des Konzepts

Das Ziel des Qualifizierungskonzepts ist es, ausbildendes Personal auf Anforderungen vorzubereiten, die in der Kommunikation mit Auszubildenden mit unterschiedlicher Herkunft und in unterschiedlichen Lebenssituationen entstehen können, und so einen erfolgreichen Ausbildungsverlauf zu unterstützen. Dabei verfolgt das Konzept einen besonderen Zugang zum Thema insofern, als dass sprachliche und kulturelle Aspekte als mit betrieblichen Interaktionen untrennbar zusammengehörige Elemente der Kommunikation gemeinsam in einer Fortbildung behandelt werden.

Im Konzept wird ein besonderer Zugang verfolgt: Sprachliche und kulturelle Aspekte werden als untrennbar mit betrieblichen Interaktionen zusammengehörige Elemente der Kommunikation gemeinsam in einer Fortbildung behandelt.

 

Bei der Eingliederung Geflüchteter in betriebliche Abläufe sieht sich das Ausbildungspersonal vor eine Vielzahl von Aufgaben gestellt: Die jungen Erwachsenen müssen nicht nur bei der Verständigung in der Zweitsprache Deutsch unterstützt, sondern es müssen gleichsam psychologische, soziokulturelle und rechtliche Aspekte ihrer Lebenssituation berücksichtigt werden, die das Verhalten in der Ausbildung beeinflussen können.

Dabei ist zu beachten, dass sich die Gründe für das Verhalten im konkreten Einzelfall nicht immer klar identifizieren lassen. Manche Schwierigkeiten – so etwa, wenn notwendige Fragen nicht gestellt werden – können mit der speziellen Lebenssituation als Geflüchtete in Zusammenhang gebracht werden, sie können aber durchaus auch bei anderen Migrantinnen und Migranten – etwa aufgrund von Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache – oder sogar völlig herkunftsunabhängig entstehen. Insofern geht es bei aller Aufmerksamkeit für sprachliche und kulturelle Aspekte der Ausbildung auch darum, vorschnelle Zuschreibungen zu vermeiden. Einen offenen Austausch über Irritationen und Konfliktpotenziale sollen die Teilnehmenden im geschützten Raum der Fortbildung erproben können.

In vier Präsenz-Modulen werden gezielt solche Themenkomplexe bearbeitet, die weitgehend unabhängig von Branche, Beruf und Betriebsgröße für die Praxis relevant sind. Es werden unterschiedliche Aspekte der Ausbildung von Geflüchteten aufgegriffen, es wird nützliches Wissen vermittelt und zugleich Raum für die gemeinsame Reflexion persönlicher Erfahrungen geboten, um gemeinsam neue Handlungsoptionen zu entwickeln. Im Rahmen der Fortbildung wird daher nach Möglichkeit stets Bezug auf konkrete Erfahrungen der Teilnehmenden genommen.

Im geschützten Raum der Fortbildung sollen die Teilnehmenden einen offenen Austausch über Irritationen und Konfliktpotenziale erproben können.

 

Die Ausbilderinnen und Ausbilder werden entsprechend immer wieder eingeladen, Beispiele aus dem eigenen Arbeits- und Ausbildungsalltag einzubringen. Diese werden in der Fortbildung mit aktuellen Fragen verknüpft und gemeinsam konkrete Strategien entwickelt, die in vielen Fällen auch auf andere Situationen übertragen werden können. So geht es etwa im Kontext rechtlicher Regelungen nicht allein um ein Verständnis der aktuell gültigen Bestimmungen, sondern auch um die Vermittlung von Kontakten und Vorgehensweisen, mit deren Hilfe die Teilnehmenden sich über die Fortbildung hinaus selbständig und gezielt weiter informieren können.

Die Themen der Fortbildung

Bild: BIBB 2021

Es geht darum, für die besondere Situation der Auszubildenden mit Fluchthintergrund zu sensibilisieren und Verständnis für etwaige als auffällig erlebte Verhaltensweisen zu ermöglichen. Das wird unter anderem mithilfe von Perspektivwechseln erreicht. Aber auch die Entwicklung einer persönlichen Haltung im Umgang mit schwierigen Situationen ist ein zentrales Thema aller Module. Ausbildendes Personal soll dabei unterstützt werden, auch in emotional belastenden Situationen mit der notwendigen Distanz zu reagieren, eigene ebenso wie fremde Bewertungs- und Reaktionsmuster zu reflektieren und konstruktiv mit unerwünschten Gefühlen wie Ablehnung, Enttäuschung, Unsicherheit, Fremdheit und ähnlichem umzugehen. Das Ziel ist, einerseits eigene Bewertungs- und Verhaltensweisen auf den Prüfstand zu stellen, und andererseits eigene Werte und Grenzen zu vertreten und gegebenenfalls notwendige Unterstützung von außen einholen zu können.

Hintergrund

Die Idee zur Fortbildung ist aus den Erfahrungen verschiedener Vorgängerprojekte entstanden. Dazu gehört ein Interviewprojekt zum Thema der Qualifizierung des Ausbildungspersonals für eine kommunikations- und sprachlernförderliche Art der Vermittlung beruflicher Handlungskompetenz. Auch die Konzeption und Produktion interaktiver Videoclips, in denen die Wahrnehmung potenzieller Konfliktsituationen in der Ausbildung von Geflüchteten aus verschiedenen Perspektiven dargestellt ist und die teils auch in das Qualifizierungskonzept eingebunden wurden, lieferten wichtige Impulse für die Fortbildung. Bereits in der Konzeptionsphase konnte auf umfangreiche Erfahrungen aus der Fortbildungspraxis der Bildungsträger FRESKO e.V., Wiesbaden und passage gGmbH, Hamburg zurückgegriffen werden. Im Rahmen der Erprobung lieferte die Evaluation durch das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) wichtige Erkenntnisse, die in das vorliegende Konzept eingeflossen sind.

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