26.08.2022 | Redaktion | LIfBi

Der Wohnort ist entscheidend

Neue Studie zur Bildungsintegration geflüchteter Jugendlicher

Wie geflüchtete Jugendliche im deutschen Bildungssystem ankommen, hängt im föderalen Schulsystem stark davon ab, in welchem Bundesland sie leben. In einer neuen Studie zeigen Forschende des Leibniz-Instituts für Bildungsverläufe (LIfBi) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) den Einfluss der Bildungspolitik von Bundesländern auf den Schuleintritt von geflüchteten Jugendlichen. Die untersuchten Geflüchteten warteten demnach oftmals lange auf den Schulstart und besuchten häufig niedrigere Schulformen.

Bild: Drivepix/Adobe Stock

Aufgrund der oft geringen Durchlässigkeit des deutschen Schulsystems sind ihnen dadurch zum Teil schon früh im Integrationsprozess Grenzen für ihren weiteren Bildungsverlauf gesetzt. Wie sich die unterschiedlichen Bildungspolitiken in fünf Bundesländern auf den Schulstart von 2.415 geflüchteten 14- bis 16-jährigen Jugendlichen, die zwischen 2014 und 2018 in Deutschland angekommen sind, ausgewirkt haben, untersuchten Forschende des LIfBi und der MLU anhand von Daten der BMBF-geförderten Geflüchtetenstudie ReGES (Refugees in the German Educational System).

Die ReGES-Daten zeigen, dass die geflüchteten Jugendlichen nach ihrer Ankunft im Durchschnitt sieben Monate warten mussten, bis für sie die Schule begann. In der Studie wurden Faktoren untersucht, die mit der Wartedauer zusammenhängen: Kamen die Jugendlichen mit ihren Familien in Bundesländern an, die eine zeitliche Begrenzung bis zum Einsetzen der Schulpflicht vorschreiben, wurden sie bis zu zwei Monate schneller eingeschult als in Bundesländern, in denen Geflüchtete so lange auf die Einschulung warten müssen, bis sie einer Kommune zugewiesen werden.

Wechsel in höhere Schulform erschwert

Mit extra eingerichteten Willkommens- oder Neuzugewandertenklassen sollte den Jugendlichen der Einstieg in die Schule erleichtert werden. Allerdings wurden diese Klassen in einzelnen Bundesländern vornehmlich an Hauptschulen oder niedrigeren Schulformen eingerichtet. Die Ergebnisse der vorliegenden Studie legen nahe, dass in diesen Bundesländern die geflüchteten Schülerinnen und Schüler beim Wechsel in eine Regelklasse ihre Schullaufbahn oftmals in der gleichen Schulform fortsetzen und seltener Regelklassen höherer Schulformen besuchen. "Geflüchteten Jugendlichen scheint der Wechsel in eine höhere Schulform in diesen Bundesländern nur schwer zu gelingen", fasst Dr. Oliver Winkler von der MLU den Befund zusammen.

Insgesamt zeigen die ReGES-Daten deutlich, dass die Bildungsverläufe der geflüchteten Jugendlichen in Deutschland stark mit den politischen Vorgaben in den Ankunftsbundesländern zusammenhängen. Familiäre und individuelle Merkmale der Jugendlichen, wie zum Beispiel der Bildungsstatus ihrer Eltern, bilden hingegen kein echtes Gegengewicht zum Einfluss der gesetzlichen Vorgaben. Lediglich bei der besuchten Schulform spielen die Bildung der Eltern und die früheren Schulleistungen der Jugendlichen eine etwas bedeutsamere Rolle.

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